Nachdem wir geklärt haben, dass die gesetzliche Rente auf jeden Fall sicher ist aber es natürlich weitere Verbesserungspotenzial gibt, heute zum Thema:
Macht es Sinn freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu leisten?
Und wenn ja, wann?
Wenn es stimmen würde was mir eine Leserin dazu schrieb, wären wir mit dem Thema direkt durch:
„Wer schlau ist, verabschiedet sich aus dem sozialistischem Umverteilungssystem der sogenannten “Deutschen Rentenversicherung”.
Eine einfache Rechnung, was nur die Arbeitnehmeranteile börslich verzinst an persönlicher Rente bringen lassen einen sehr große Augen machen.
Eventuelle von Linken eingeredete “schlechte Gewissen” können durch karikative Spenden ausgeglichen werden – Geld ist schließlich bei solchen Personen später genug da.“
Auf den ersten Blick könnte man das für richtig halten
- Geld in der größten Wohlstandsmaschine aller Zeiten wird auf lange Sicht mit ca. 5% nach Inflation und nach deutscher Steuer auf die Dividenden verzinst.
- Die gesetzliche Rente schafft in den nächsten Dekaden, wie berechnet, trotz der leichten Anpassungen ca. 0.5-1% nach Inflation. Das ist damit zwar besser als die meisten Betriebs- und Riesterrenten aber gegen den Aktienmarkt sieht das trotzdem schlecht aus.
Also warum nicht alles an die Börse und das unabhängig davon in welchem Lebensabschnitt man sich befindet?
Es gibt zwei Besonderheiten
- Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rente sind unter Beachtung gewisser Freigrenzen als Vorsorgeleistungen aktuell fast ganz und ab 2025 komplett von der Steuer absetzbar. Das heißt Sie werden primär aus dem Bruttolohn bestritten.
- Da die Zahlungen der gesetzlichen Rente garantiert bis zum Lebensende des „Versicherungsnehmers“ erfolgen (und zum Teil auch den Lebenspartner mit absichern), kann man jeden Euro den man aus diesen Zahlungen erhält im Gegensatz zu einem Aktiendepot auch ausgeben.
Bevor der Maschinist von emotionalisierten Wutbürgern nun Prügel angedroht bekommt, hier ein Beispiel
Ein 59 jähriger selbstständiger Single plant die Maximierung seines sicheren lebenslangen Einkommens für seinen Lebensabschnitt ab 67.
Steuerrelevantes Einkommen >= 70.000 Euro brutto und er möchte jedes Jahr 10.000 Euro brutto für das Alter anlegen.
Frage: Welches Produkt liefert die maximal sichere Entnahmerate ab seinem offiziellen Rentenbeginn?
Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rente oder alles in einen Welt ETF?
Annahmen: Wir kürzen die Inflation und auch die Versteuerung nach Renteneintritt (aber nicht vor Renteneintritt) in allen Rechnungen heraus.
Einzahlungen in einen Welt ETF
Die obersten 10.000 € brutto des Einkommens ergeben für deutsche Singles in diesem Einkommensbereich 5.560 € netto (das heißt 44,6% Einkommenssteuer inkl. Soli und ohne Kirchensteuer für diesen Gehaltsanteil)
Diese Summe wächst in einem Welt ETF acht Jahre lang mit (8% brutto vor Inflation, 6% brutto nach Inflation) und damit 5% Verzinsung nach Inflation und Steuer auf die Dividenden auf durchschnittlich 8.215 €.
Dieses Geld bringt dann während der Entnahmephase aus dem ETF bei der endlos sicheren 3% Entnahmerate 20,45 € im Monat und steigend mit der Inflationsrate. Bei einer jährlichen 4% Entnahme sind es 27,38 € im Monat (das war statistisch in den USA immer über mindestens ca. 25 Jahre sicher).
Bei einer 5% jährlichen Entnahme muss man deutlich mehr Aktien verkaufen um im worst case keinen sehr frühen Portfolioausfall zu erzeugen und reicht selbst nominal dann nur für zwanzig Jahre (real noch weniger).
Eine solch hohe Entnahme Ist also keine wirkliche Option, wenn man sonst nur geringe Geldströme hat und im Alter nicht in die unwürdige Grundsicherung fallen will oder seine Kinder im Falle der eigenen Pflegebedürftigkeit nicht finanziell belasten möchte.
Kommen wir zur Alternative für unseren 59 jährigen Selbständigen
Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung:
10.000 € Brutto können als Rentenvorsorgeleistung im Jahr 2018 zu 86% steuerfrei bis zu gewissen Grenzen in die gesetzliche Rente überführt werden und senken damit massiv die Steuerbelastung im Jahr der Einzahlung. (der Wert steigt jährlich bis 2025 auf 100%). Sie werden in unserem Beispiel damit also zu 9.376 € (100-(44,6×0,14)x10.000).
Diese 9.376 € ergeben im Jahr 2018 Rentenpunkte im Wert von monatlich 42,65 €. Ab dem Jahr 2025 kann mit den vollen 10.000 Euro gerechnet werden und auf dem Weg dahin wird der anrechenbare Anteil immer höher.
Diese Rentenpunkte wachsen in den nächsten Jahren konservativ mit 0,5% netto nach Inflation bis zum Rentenbeginn auf 44,39 € pro Monat (in heutigem Geldwert) und danach lebenslang bis zum Ableben während der Rentenbezugszeit zumindest weiter mit der Inflation.
Ergebnis
Ein 59 Jähriger Selbständiger mit aktuell hohem Grenzsteuersatz erhält bei freiwilligen Einzahlungen in die gesetzliche Rente zum Rentenbeginn eine fast doppelt so hohe sichere (und für Ihn endlose) Entnahmerate als bei einem Aktienmarktinvestment!
Zusätzlich kommen eventuell Punkte wie die vorteilhafte Besteuerung der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner bei der gesetzlichen Rente hinzu.
Der Geldeintrag in die Rentenversicherung aus unversteuertem Bruttogeld und die Garantie der Rentenzahlungen bis ans Lebensende machen dabei den Unterschied aus.
Wenn wir das gleiche Beispiel nun bei einem Dreißigjährigen durchrechnen, wird deutlich das auf die Frage „Was soll ich mit meinem Geld tun?“ eine lebensabschnittsabhängige Empfehlung notwendig ist.
30 jähriger Selbstständiger investiert unter gleichen Rahmenbedingungen in einen passiven Welt ETF
10.000 Euro brutto = 5.560 Euro netto. Das ergibt bei langfristig 5% Verzinsung nach Inflation und Steuer bis zum Rentenbeginn in 37 Jahren einen Realwert von 33.800 Euro. BOOM!
Das ergibt bei 4% jährlicher Entnahmerate dann monatlich 112 € Entnahme vs. der 51,3 € bei der gesetzlichen Rente (42,65 € in 2018er Rentenpunkten wachsen 37 Jahre lang mit ca. 0.5% nach Inflation durch weiteres Wirtschaftswachstum minus geschätzter Rentenabschlag).
Über diesen langen Zeitraum ist die sichere Entnahme aus dem Welt ETF also mehr als doppelt so hoch.
Außerdem ist nach dem eigenen Ableben statistisch noch mehr Geld im Aktiendepot als zu Beginn der Entnahme. Das heißt, der gesamte Geldfluss kann dann überlebenden Nachkommen oder als Spende auch anderen zugutekommen.
Und von Dingen wie ein früherer Rentenbeginn oder bei ausreichend hoher Sparquote auch die Finanzielle Freiheit schon deutlich vor dem offiziellen Renteneintritt, haben wir dann noch gar nicht gesprochen.
Wenn mich ein junger Mensch also fragt, was er mit seinem Geld machen soll, heißt meine glasklare Antwort
- Spare möglichst viel und investiere dann alles permanent in passive Gesamtmarkt ETF
- Investiere regelmäßig
- Lass Dich von Kursschwankungen nicht aus der Ruhe bringen
- Freu Dich über Kurseinbrüche! Es gibt Aktien dann für kurze Zeit im Sonderangebot
- Bei einer Sparquote von 50% bist Du damit in ca. 20 Jahren finanziell unabhängig nach der extrem sicheren 3% Entnahmeregel und die gesetzliche Rente ist dann für Dich im Alter nur ein netter Bonus und ein zweiter Geldtopf.
Fertig!
Wenn mich allerdings ein Endfünfziger mit aktuell hohem Grenzsteuersatz aber wenig angespartem Vermögen und vielleicht als Selbständiger auch nur mit Rentenanwartschaften in Höhe der Grundsicherung fragt ob er nun erstmals in Aktien investieren soll
Eigentlich Nein. Und wenn doch, dann nicht an erster Stelle.
Wenn Du das bisher vernachlässigt hast, spar nun so viel es geht! Aber der Aktienzug ist nun zu einem guten Teil leider durch für Dich.
Das allerwichtigste ist nun, Dir einen absolut planbaren Geldstrom für das Alter aufzubauen, der bis an Dein Lebensende reicht. Und im derzeitigen Zinsumfeld ist die beste Lösung dafür oft die gesetzliche Rente!
Betriebs- und Riesterrenten kommen für Dich nur in Frage, wenn die garantierte Rendite daraus nach allen Gebühren mindestens 2.5% vor Inflation beträgt (das heißt aktuell etwas mehr als 0,5% netto nach Inflation). Der Maschinist hat Glück und sein Arbeitgeber bietet eine solche Betriebsrente mit 3% Garantiezins und null Gebühren mit Einsparungen aus Bruttogeld aktuell noch an und das nutze ich aktuell stark aus.
Wenn das bei Dir nicht der Fall ist, lohnt sich während Deiner letzten Arbeitsjahre besonders bei einem hohen Grenzsteuersatz immer eine Einzahlung in die gesetzliche Rente! Sie wirkt wie eine inflationsgeschützte Spardose in die man den eigentlich höchstbesteuerten Teil seines Einkommens steuerfrei überführen kann und sich diesen dann später inkl. einer Zahlungsgarantie bis zum Lebensende auszahlen lassen kann.
Es gibt in der aktuellen Situation kurz- bis mittelfristig im Euroraum keine Anleiheform mit ähnlicher Sicherheit und Verzinsung nach Steuer. Außerdem diversifiziert Sie perfekt als zweiter Entnahmetopf Risiken und versichert das „Langlebigkeitsrisiko“ von gesund lebenden Menschen.
Und als Freiheitsmaschinenleser machst Du das doch sowieso
Du rauchst natürlich nicht, treibst Sport und ernährst Dich gesund!
Ich sehe Dich dann mit 80 nicht rauchend und über den Maschinisten schimpfend am Kiosk, sondern mit Deiner Harley am Strand an mir vorbei fahren.
Ich gönn Dir natürlich den Spaß – Fahr nur nicht über mein Surfboard. Das hab ich mir nämlich von meiner gesetzlichen Rente gekauft.
Meinem netten und absolut sicherem Zusatzeinkommen.