@mrtn17 würdest du sagen, dass sich der Wertpapierkredit in Summe gelohnt hatte und ob es dich beim Vermögensaufbau motiviert hatte? Oder war es zu viel Risiko in Summe. Planst du weiterhin damit zu arbeiten?
Die Fragen kann ich alle mit ja beantworten. Irgendwo habe ich gelesen, man solle möglich schnell die ersten 100k Anlagesumme zusammenbekommen, dann liefe der weitere Vermögensaufbau schon, durch Zinseszins usw. Schaut man sich eine Zinseszins-Kurve an, macht ja die erste Hälfte des Vermögensaufbaus keinen Spaß, die zweite Hälfte schon. Mit dem Fremdkapitaleinsatz habe ich quasi versucht zu tricksen und ein Stück der ersten Hälfte zeitlich zu überspringen. Bisher schaut es gut aus, als sei es mir einigermaßen gelungen. Kann aber auch nächste Woche ein Crash kommen, der länger andauert, wer weiß.
Schufa-relevant läuft nur noch mein großer Ratenkredit mit einer Restschuld von etwas unter 30k. Dann habe ich noch den Marginkredit mit gut 50k. Ansonsten gibt's noch einen Privatkredit von einer mir nahestehenden Person, die Geld übrig hatte aber kein Börsenrisiko tragen wollte, inzwischen über 50k. Meine Gesamtkreditkosten liegen so bei 1,7%. Als zusätzliche Sicherheitslinie hab ich mir im Frühjahr einen Rahmenkredit über 15k bei der ING einrichten lassen. Der kostet zwar 6%, aber nur wenn man ihn in Anspruch nimmt. Auf die Idee war ich gekommen nachdem ich einen Blogartikel gelesen hatte. Wenn mal eine Situation eintritt, wo man kurzfristig Liquidität braucht, ist das nicht verkehrt.
Ich bin mit dem Fremdkapitaleinsatz also verhalten happy, aber ich schreibe das hier zur Dokumentation des eigenen Weges und nicht zur Anstiftung von anderen. Wie im Jahresrückblick 2020 geschrieben, es ist ein Spiel mit dem Feuer, daher würde ich es nicht unbedingt zur Nachahmung empfehlen. Der Hebel wirkt eben auch, wenn die Kurse runter gehen und man bewegt echtes Geld, in größeren Summen als man sonst gewohnt ist. Man sollte genau wissen was man tut. Beispiel Marginkredit bei Interactive Brokers: europäische ETFs sind dort nur marginfähig, wenn sie 1 Mrd $ Volumen haben. Jetzt kaufst du einen ETF mit 1,8 Mrd Volumen und die Kurse gehen ein Drittel zurück, dann ist der nur noch 1,2 Mrd groß. Aber wenn die Kurse zurückgehen, verkaufen auch die Leute und das Volumen wird kleiner, schwupps, rutscht der ETF unter die 1 Mrd Marke und IB will dann plötzlich dafür 100% Hinterlegung haben. Oder anderes Beispiel: Degiro hat im Coronacrash die Marginanforderungen geändert und auf einmal höhere Hinterlegungssätze gefordert. Ich war zu der Zeit noch nicht bei Degiro, aber manche Anleger wurden da überrascht. Jedenfalls, mit einer derzeitigen Gesamtanlagesumme von über 300k, werde ich mittelfristig den Hebel reduzieren. Ich habe nun gefühlt erstmal genug Skin in the Game; man muss die Schwankungen ja auch aushalten können und niemand weiß, wie es weitergeht.
@mrtn17 bei uns ist es eher so, dass wir einen WPK erst ab 500k Depot machen wollen und das eher um ein paar Erfahrungen zu sammeln. Das FY Money ist bereits über 500k, allerdings ist es noch ein langer Weg bis zur Siebenstelligkeit... Ich sehe den Wertpapierkredit auch als Möglichkeit, Cashflow zusätzlich zu produzieren, wenn man die Risiken beachtet.
@mrtn17 vielen Dank für die Beiträge! Sehr spannend auch die Gedanken dahinter zu lesen. Ich habe dann überlegt ob mir auch für die letzten Jahre noch alle Punkte mit all den guten Entscheidungen und grandiosen Fehlern in Erinnerung geblieben sind. Ein paar Themen sind wir wieder eingefallen, das war spannend zum Eigenen refelektieren.
Ansonsten sehe ich einige Parallelen zwischen unserer Art anzulegen. Die Stichworte sind dabei: (am Ende vielleicht etwas zuviel Geld in) P2P, Fremdkapitaleinsatz bei Aktien sowie ein Dschungel an verschiedenen ETF. Hab den Dschungel gerade mal gezählt. Komme auf 21 ETF. Autsch. Wobei ich "nur" 7 davon monatlich bespare, der Rest sind ältere Leichen. Ich sehe es aber nicht ein hier für die Konsolidierung Steuern zu bezahlen...
Hmm, 12 ETFs bei denen ich teilweise ständiges manuelles "Rebalancing" betreiben muss klingt für mich irgendwie nicht nach "KISS".
"KISS" wäre für mich persönlich ein Produkt das beinahe Alles umfasst und ich mich nicht darum kümmern muss.
Ansonsten, nice Story so far!
Krass!
Vielen Dank für das Teilen Deiner Erfahrungen. Das Lesen hat echt Spaß gemacht und Hut ab vor Deinem Mut, dass so mit dem Fremdkapital durchzuziehen!
(am Ende vielleicht etwas zuviel Geld in) P2P
Ja, mein P2P-Anteil ist höher als in meiner Zielallokation vorgesehen. Das hat drei Gründe:
- Ich tue mich immer noch etwas schwer mit großen Einmalinvestitionen am Aktienmarkt.
- Das Fremdkapital, dass ich von einem Privatkredite nutze, könnte zurückgezogen werden - auch wenn das unwahrscheinlich ist, ist das Geld in P2P liquider als in ETF.
- Vermutlich habe ich mein deutsches Mindset, was von Zinsversprechen angezogen wird, noch nicht ganz abgelegt.
Und ja, P2P ist kein Tagesgeldersatz sondern Hochrisikoinvest. Dazu ein kleines Update vom Frühjahr:
- Crowdestor - Zum Zeitpunkt des Coronacrashs hatte ich 1,5k investiert, seitdem steht alles auf auszahlen. Als die anderen Businessloan-Plattformen im letzten Jahr sich in Luft auflösen, realisiere ich (besser spät als gar nicht), dass Renditeversprechen von 20% einfach unseriös sind. Die Leute bei Crowdestor scheinen ein paar übermotivierte BWL-Studenten zu sein, die die Businessloans teils ohne Sicherheiten abgeschlossen und dafür ordentlich 'stupid German money' eingesammelt haben. Bis Anfang diesen Jahres habe ich mein Portfolio auf 400€ reduziert. Inzwischen gibt es einen Zweitmarkt. Ich verkaufe meine restlichen Kredite mit Abschlägen von 15-20%. Insgesamt war ich zwei Jahre bei Crowdestor und habe gut 60€ verloren. Die Plattform gibt es immernoch und die Rückzahlungen werden immer weiter verschoben, es bahnt sich ein Disaster an und ich bin froh, raus zu sein.
- Lenndy - Zum Zeitpunkt des Coronacrashs hatte ich 3k investiert, seitdem steht alles auf auszahlen. Es läuft immer schlechter mit den Autokrediten. Bis Anfang diesen Jahres habe ich mein Portfolio auf 1,5k reduziert. Ende Januar, Anfang Februar verdichten sich die Probleme. Lenndy bringt einen Zweitmarkt. Am ersten Tag verkaufe ich alle meine Kredite mit 22% Abschlag. Der Verkauf kostet mich knapp 300€, aber ich hatte mit der Zeit 1000€ Zinsen bei Lenndy, sodass ich insgesamt mit 700€ im Plus raus bin. Wenige Tage später stellt die Plattform ihren Geschäftsbetrieb ein.
- Viventor - Zum Zeitpunkt des Coronacrashs hatte ich 4k investiert, seitdem steht alles auf auszahlen. Viventor war in der Vergangenheit eine vielversprechende Plattform, aber seit zwei Holländer den Laden übernommen haben, kommen mir Zweifel. Ende letzten Jahres geht dann auch der vorherige CEO von Bord. Bis Anfang diesen Jahres habe ich mein Portfolio auf 1,5k reduziert. 650€ davon hängen eh fest, die hatte ich in Aforti investiert und dieser Darlehensgeber war schon vor Corona pleite gegangen (während Mintos aber inzwischen die Investorengelder bei Aforti erfolgreich zwangseingetrieben hat, scheint Viventor nicht besonders bemüht in diese Richtung). Das andere Geld steckt in Krediten von Atlantis - ein Kreditgeber, der auch den Holländern gehört. Anfang diesen Jahres höre ich auf mein Bauchgefühl verkaufe die Kredite mit 28% Abschlag am Zweitmarkt. Rechne ich den Verlust gegen die bisher erzielten Zinsen, bin ich nach 3 Jahren bei Viventor raus und liege 250€ im Plus. Wenige Tage später stellt Atlantis den Geschäftsbetrieb ein.
Fazit: Glück gehabt, diesmal. P2P ist kein passives Investment. Man muss dauernd sein Risikomanagement aktualisieren.
Seit ich 2017 mit P2P angefangen habe, habe ich bis heute 24k an Zinsen eingenommen aber auch 8k als Verluste abgeschrieben. Meine durchschnittliche Rendite von 11,6% beträgt abschreibungsbereinigt 7,7%.
(am Ende vielleicht etwas zuviel Geld in) P2P
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Seit ich 2017 mit P2P angefangen habe, habe ich bis heute 24k an Zinsen eingenommen aber auch 8k als Verluste abgeschrieben. Meine durchschnittliche Rendite von 11,6% beträgt abschreibungsbereinigt 7,7%.
Und wenn man davon jetzt noch die Abgeltungssteuer abziehst (7,7 x 0,7365) =5,67%
Und dann darauf die Inflation von knapp 2%: (5,67 - 2) = 3,7%, wird deutlich das es viel Aufwand und Risiko für relativ wenig Realrendite ist, selbst wenn Du in Deinem Beispiel noch Glück hattest.
Ich werde als Finanzwebseitenbetreiber immer noch wöchentlich von P2P Unternehmen bezüglich Kooperation zur Bewerbung von P2P Krediten angeschrieben.
Gestern hat mich ein Betreiber sogar wieder zusätzlich angerufen und konnte nicht verstehen, wieso ich bei den Konditionen nicht mitmache.
Provision für mich wären bis zu 5% der gesamten Anlagesumme der Anleger. Durchschnittliche Anlagesumme sind knapp 5.000 Euro. Wären ca. 250 risikolose Euro für mich pro Anleger.
Dieses Geld muss ja irgendwo herkommen und die P2P Betreiber müssen darüber hinaus für Ihren eigenen Geschäftsbetrieb weiteres Geld verdienen.
Schönen Sonntag
Danke @mrtn17 und @maschinist dass ihr mal "echte Zahlen" in den Ring werft.
Für mich scheint sich der Aufwand und das Risiko nicht wirklich zu lohnen. Ich bleibe bei ETFs...
Was ich nicht verstehe @mrtn17 (vielleicht weil ich nicht im P2P-Thema drin bin), warum ist das P2P-Geld liquider als in ETF investiertes?
Das ist echt ein Problem, daher ist den ganzen Plattform"reviews" in den Blogs nicht zu trauen. Je unseriöser die Plattform, desto höher die Affilate-Provision, wobei 5% schon krass ist. Ich glaube Grupeer hatte 3% und Bondora macht 2% (nur deswegen gibt es so viele "Berichte" von Go&Grow als "Tagesgeldersatz"). Gut, dass du diese Kundentäuschung nicht mitmachst.
warum ist das P2P-Geld liquider als in ETF investiertes?
Ich investiere hauptsächlich in P2P-Kurzläufer mit 1-3 Monaten Laufzeit. Oder anders gesagt, jede Woche wird ca. 10-20% des Kapitals zurückgezahlt und wieder angelegt. Wenn ich den Autoinvest stoppe, fließt das Geld also relativ schnell zurück. Sicher sind ETFs prinzipiell sofort liquide, aber bei einem Kursrücksetzer (und das ist ja der Zeitpunkt auf den es ankommt) kann es durchaus dauern, mitunter Monate und Jahre, wenn man ohne Verluste an das Geld ran möchte.
Ich würde hier zwei verschiedene Themen bzgl. Liquidität unterscheiden, die Möglichkeit ETFs/P2P-Geld jederzeit zu verkaufen sowie die Wertstabilität des ETF/P2P- Anlage:
Möglichkeit zum Verkaufen:
ETF: ETFs kann ich 24/7 handeln.
P2P: Im Vergleich dazu kann man P2P-Anlagen, je nach Anbieter, oftmals auf einem Zweimarkt 24/7 handeln. Außerdem erhalte ich oftmals tägliche Rückflüsse aus den P2P-Anlagen, speziell bei kurzlaufenden P2P-Krediten (z.B. 14 Tage Laufzeit) und somit mein Kapital wieder "schnell" zurück. Im Praxistest "Crashtest P2P Frühjahr 2020", war die Liquidität aber oft eingeschränkt.
Zwischenfazit: Hier gewinnen ETF ganz klar.
Wertstabilität:
ETF: Ein ETF kann kurzfristig 30% steigen oder 50% fallen, kann sich schnell wieder erholen nach einem Crash oder eben auch nicht. Sprich der Wert der Anlage hat sehr starke Schwankungen, wie jeden hier bekannt
P2P: Der Wert des Betrags den man verleiht hat keine Schwankungen. Das Ganze ist mehr wie eine Anleihe zu sehen. Ich verleihe heute 100 Euro und bekomme diese bspw. in 3 Monaten wieder inkl. Zinsen. D.h. ich könnte diesen Kredit auch davor schon weiterverkaufen (wenn es Käufer gibt) und erhalte nur einen Teil der Zinsen sowie die 100 Euro, vieleicht mit 1-3% Auf- oder Abschlag.
Zwischenfazit: Durch diese Wertstabilität der P2P Anlagen hat man die Möglichkeit hier schnell sein ursprüngliches Kapital wiederzubekommen und dann ggf. umzuschichten. Speziell bei einem Crash bei ETFs kann man Geld aus P2P abziehen und entsprechend ETF nachkaufen. So hatte es mrtn17 ja 2020 gemacht. Hier gewinnt in der Theorie P2P. Allerdings gibt es bei P2P immer wieder Betrugsfälle, überraschende Insolvenzen von Marktplätzen oder einzelnen Kreditanbietern oder Liquiditätsengpässe. Damit geht diese Logik nicht immer auf.
Mein Fazit: P2P kann eine sehr gute Ergänzung zu einem ETF-Portfolio sein. Auch mit einem guten "Liquiditäts-Argument". Das Thema ist aber weder passiv noch ein Tagesgeldersatz, sondern eine Hochrisikoanlage bei dem man Glück & Geschick braucht.
Ein Halbjahresbericht werde ich nicht schreiben sondern noch ein paar Monate warten und dann wieder einen Jahresrückblick schreiben. Aber ich feiere gerade einen Meilenstein und zwar habe ich 200k Nettovermögenswert erreicht. Man sagt ja, die ersten 100k dauern länger und die zweiten 100k gehen schneller - aber 7 Monate für die zweiten 100k ist doch ziemlich glücklich (und vielleicht auch nicht nachhaltig). Ein Faktor war sicher auch der Anstieg der Kryptokurse - die Rallye vom Ende letzten Jahres hatte sich in den ersten Monaten diesen Jahres fortgesetzt. Wie auch immer, in den 4,5 Jahres des 'Projekts' habe ich nun mein 'Nestegg' verzehnfacht.
@mrtn17 krasse Steigerung. Bei mir sieht es eher logarithmisch aus. Nicht so spektakulär, dann hoffe ich für dich, dass es bei dir stetig so weitergeht!
Was ich hier auch mal erwähnen möchte, dass ich mir viele Anlagemöglichkeiten anschaue und mich dann entscheide, nicht darin anzulegen. Tatsächlich entscheide ich mich nur in wenigen Fällen dafür, wenn ich meine ein Produkt richtig verstanden zu haben und einen klaren Investmentcase habe, wirklich Geld zu investieren. Hier mal eine unvollständige Liste, was ich alles verworfen habe:
- Einzelaktien - Aktien einzelner Unternehmen sind nichts für mich. Ich habe weder Zeit noch Nerven mich ständig mit dem Unternehmen zu beschäftigen. Ich mag auch nicht das Risiko, dass gerade bei dem einen Unternehmen etwas passiert. Hunderte Aktientipps gehen an mir vorbei, zuletzt Porsche, aber ich fühle mich mit breit gestreuten ETFs deutlich wohler.
- Trend-ETFs - Ich kaufe ETFs um passiv zu investieren; daher lasse ich die Finger von den verschiedenen Trend-ETFs, denn das wäre ja wieder eine aktive Auswahl. Clean Energy, Robotics oder Ark Invest? Nein danke. Auch verschiedene Smart Beta Strategien können mich nicht überzeugen. Low Volatility, Value, Growth, Momentum, Quality, High Dividend? Ohne mich. (Ich habe aber etwas Small Caps und ESG ETF.)
- Altcoins - Cardano ist das bessere Etherum? Iota steht kurz vor dem Durchbruch? Doge to the moon? Ich bin jetzt vier Jahre am Kryptomarkt aktiv und nach meiner Erfahrung sind Altcoins in 99% der Fälle Mist. Ich investiere nur in BTC+ETH, wo ich einen wirklich Anwendungsfall sehe.
- Cryptolending - Es wäre so verlockend, statt BTC nur in der eigenen Wallet liegen zu haben, gebe ich es zu einem Cryptolender und bekomme dafür 10% p.a. Mehrfach habe ich dieses Jahr Coinloan, Nexo, Celsius, Cake geprüft und immer sind sie durchgefallen. Also habe ich der Versuchung widerstanden und nicht investiert. (Ich habe aber zurzeit etwas BTC bei Binance zu 7% liegen.)
- Anleihen - Viele Bücher zum Investieren reden von 60/40 Aktien/Anleihen. Das All Weather Portfolio hat sogar noch einen höheren Anleihenanteil. Aber wir leben inzwischen in einem anderen Zinsregime, ich bekomme keinen sinnvollen Investmentcase zusammen für traditionelle Staatsanleihen oder auch für normale Unternehmensanleihen. So ein Global Aggregate Bonds ETF wäre verlockend, aber nicht sinnvoll, glaube ich. (Ich habe aber eine Position Emerging Markets Staatsanleihen und High Yield Anleihen ETF.)
- Rohstoffe - Findet man in vielen Asset Allocations, ist aktuell wieder ziemlich angesagt. Ich meine, es taugt nur zum spekulieren und nicht zum investieren. Rohstoffe erzeugen nichts, außer Rollkosten. Gilt auch für Edelmetalle, finde ich.
- Optionshandel - Damit habe ich mich zuletzt mal wieder beschäftigt. Widerspricht aber meiner passiven Strategie. Und man sollte wissen, was man tut. Dazu hier ein Negativbeispiel (wobei Vincent meinen Respekt hat, dass er es veröffentlicht).
- Crowdlending - Ich bin ja ein Fan von P2P/Privatkrediten, da sind Businesskredite/Crowdlending bzw Startupinvesting doch naheliegend, oder? Hatte vor einiger Zeit mal ein spannendes Gespräch mit einem Angel Investor. Die mittelfristig illiquiden Unternehmensanteile und die hohe Ausfallquote (9 von 10 gehen hops und der zehnte muss sich dann ver-x-fachen) sind nichts für mich.
Oder, um es mit einem zwinkernden Auge zu sagen: mache immer das Gegenteil vom Focus Money Titelblatt und davon, was Jørgen macht.
Jahresrückblick 2021
Finanzen am Jahresanfang: 130k Depot, 54k P2P, 34k Krypto, 35k Mitarbeiterprogramm, -102k Fremdkapital. 151k Nettovermögenswert, 253k Gesamtanlagesumme.
Depot: Im Jahr 2021 ist der Markt fast wie am Schnürchen weiter nach oben gelaufen. Ich habe an meinem 12-ETF-Portfolio festgehalten und jede Woche zugekauft, insgesamt für 52k. Mein Depot bei Degiro ist jetzt 212k groß. Leider hat Degiro im November seine Preisgestaltung geändert und bietet den Marginkredit nicht mehr für 1,25% an sondern nimmt nun 3%. Ich habe das zum Anlass genommen meinen Marginkredit dort zu reduzieren; einerseits ist es mir zu teuer und andererseits kann ich so mein Risiko etwas zurückfahren. Das Depot hat in 2021 eine Rendite von 30k gemacht, das sind 18%. Ja gut, ein MSCI ACWI hätte 29% gemacht - da macht sich mein erhöhter Emerging Markets-/China-Anteil bemerkbar. Wieder einmal sind US-Aktien besser gelaufen als der Rest der Welt.
Zweites Depot: Anfang 2022, also in den nächsten Tagen, werde ich wohl ein Depot bei IB eröffnen. Einerseits um das Vermögen zu verteilen; ich habe nun schon eine Menge Geld bei Degiro liegen. Außerdem sind vereinzelte Produkte bei Degiro nicht handelbar und IB bietet nicht nur fast alle Börsenplätze sondern auch nach wie vor Marginkredit zu 1,5%. Mein Depot mit den 12 ETFs bei Degiro wird bestehen bleiben und im neuen Depot bei IB werde ich wohl einen einzelnen Vanguard All World aufbauen. Mittelfristig werde ich den dann beleihen und den Marginkredit bei Degiro weiter zurückfahren.
Einzelwerte: Nanu, ich habe doch mehrfach geschrieben, dass ich keine Einzelwerte mache? Tatsächlich blicke ich aber auf drei Aktienpositionen. Da ist die Aktie von meinem Arbeitgeber, ok, vom Mitarbeiterprogramm. Dann habe ich China Overseas Land & Invest, die zähle ich zu meinem Immobilien/REIT-Anteil dazu. Und Anfang Dezember habe ich Haier Smart Home gekauft; da habe ich mich anstecken lassen, dass es eine tolle Gelegenheit sei. Ja, es ist tatsächlich kein Investment sondern eine Spekulation; ich habe mich über meine eigene Regel hinweggesetzt. Diese Position werde ich wohl nicht lange halten.
P2P: Nach den vielen Ausfällen in 2020 stand 2021 im Zeichen der Konsolidierung. Lieber weniger diversifiziert, aber bei Anbietern mit besserer Bonität, habe ich mir gesagt. Ich investiere nur noch bei Firmen, die auch in der Lage sind einen ordentlichen Geschäftsbericht vorzulegen. Und ich konzentriere mich auf kurzfristige P2P Kredite, sogenannte Paydayloans. Keine Geschäftskredite, keine Agrarkredite, und auch keine Immobilienkredite. Mittelfristig wird auch Estateguru bei mir rausfliegen, denn sie erreichen nicht die 9% Rendite, die ich als Minimum in dem Bereich als Risikokompensation haben möchte - und sie bieten nicht die kurzfristige Liquidität, die ich auch bei dem in diesem Bereich investierten Geld haben möchte. Zum Beispiel habe ich im Oktober gesagt, ich nehme 20k aus P2P raus und reduziere damit meinen Marginkredit. Sowas geht gut mit den Kurzfrist-P2P-Plattformen aber eben nicht mit einer Plattform, wo das Geld längerfristig angelegt ist. Insgesamt gab es in 2021 eine Rendite von 8k, das entspricht 13%.
Krypto: Im Jahresrückblick 2020 hatte ich geschrieben, dass ich 12 ETH gestakt habe und dass ich im Dezember ein paar BNB gekauft habe für die Binance Visa Card. "Ich kaufe 10 BNB und ärgere mich, dass der Kurs schon von 20$ auf 30$ gestiegen ist." Nun, im ersten Quartal 2021 ist der BNB Kurs dann auf 600$ gestiegen. Ich habe 9 BNB bei 400-500$ verkauft, das war nett. Auch die Kurse von BTC+ETH sind zu der Zeit durch die Decke gegangen. Mein Kryptoportfolio ging von 34k bis auf 90k und ich habe dann meinen Einsatz, 10k, rausgenommen. Anschließend, so im Mai-Juli, sind die Kurse wieder gefallen und ich habe 8k nachgekauft. Im Oktober gingen die Kurse wieder hoch, mein Kryptoportfolio erreichte einen Wert von 125k. Jetzt stimmte offensichtlich meine Asset Allocation nicht mehr, ich hätte etwas Krypto verkaufen sollen. Wollte ich auch, aber ich war auch etwas gierig. Ab einem BTC Kurs von 70k$ wollte ich verkaufen. Alle waren überzeugt, dass die Jahresendrally in Richtung 100k$ kommt, ich auch. Nun, wenn 'alle' überzeugt sind, kommt es meistens anders. Der BTC Kurs erreichte 68k$ und fiel dann wieder. Es gab keine Jahresendrally. Ich bin also weiter voll investiert und das Kryptoportfolio (52% BTC, 48% ETH) ist zum Jahresende 92k wert. Das ist natürlich eine fantastische Entwicklung, unterm Strich steht für das Jahr 2021 eine Rendite von 199%, aber es sind bisher nur Buchgewinne - in der nächsten Zeit müsste ich vernünftigerweise die Hälfte rausnehmen; derzeit ist der Kryptoanteil mit 24% von meinem Gesamtportfolio doch recht hoch. Aber die spektakulären Kursteigerungen haben mit einer Rendite von 62k natürlich erheblich zum fantastischen Gesamtergebnis dieses Jahr beigetragen.
Mitarbeiterprogramm: läuft weiter, inzwischen geht der maximal erlaubte Anteil von meinem Gehalt in das Programm. Die Aktie meines Arbeitgebers läuft weiter gut. Das nächste Paket wird Ende 2022 fällig. Rendite dieses Jahr 'nur' 2k, weil kein Paket fällig war.
Fremdkapital: Der Privatkredit wurde aufgestockt und im Sommer habe ich mir bei meiner Hausbank noch einen Rahmenkredit über 12k einrichten lassen. Der kostet nur, wenn man ihn auch in Anspruch nimmt, aber bietet als zusätzliche Kreditlinie mehr Liquidität im Fall der Fälle. Zwischenzeitlich lag mein Fremdkapitaleinsatz über 150k. Das ist zwar relativ nicht so wild wie in den Vorjahren, aber absolut ist es einfach sehr viel. Im Herbst lag die Gesamtanlagesumme erstmals über 400k. Ich fahre den Fremdkapitaleinsatz jetzt aber weiter zurück, auch um etwas Risiko rauszunehmen. Die Erhöhung des Marginkreditzinssatzes bei Degiro kam mir da sozusagen gerade recht. Zum Jahresende beträgt mein Fremdkapitaleinsatz -124k und es sind knapp -2k an Zinskosten angefallen, das sind -1,7%.
Einnahmen/Ausgaben: Auf der Einnahmenseite konnte ich bei meinem Chef eine 8% Gehaltserhöhung durchsetzen und einen Bonus gab es auch. Mein Nettogehalt liegt jetzt bei 37k. Die Ausgaben betrugen dieses Jahr 25k. Ich merke etwas 'Lifestylecreep', als Frugalist tauge ich nicht. Der Vertrag für mein günstiges Auto (Leasingrate 120€) läuft im kommenden Jahr aus. Ich werde mir wohl etwas Komfortableres gönnen in Richtung Leasingrate 300€. Reisen steht auch an. Lag ich in den letzten 5 Jahren im Bereich jährliche Ausgaben 20-25k, wird das zukünftig wohl eher im Bereich 25-30k sein.
Finanzen am Jahresende: 212k Depot, 64k P2P, 92k Krypto, 26k Mitarbeiterprogramm, -124k Fremdkapital. 270k Nettovermögenswert, 394k Gesamtanlagesumme. 100k Rendite (ich kann es kaum glauben), 19k Sparleistung. 48% Rendite, 78% Steigerung des Nettovermögens.
Fazit: Was für ein Jahr! Das Jahr 2020 war schon krass, wo die Rendite mit 38k etwas höher war als mein Nettogehalt. Aber das Jahr 2021 toppt das tatsächlich noch mit einer Rendite von 100k. Vor 5 Jahren habe ich das 'Projekt17' mit 21k Nettovermögen gestartet und hätte nie gedacht, dass ich 5 Jahre später über einer Viertelmillion liege. Es heisst ja immer, man überschätzt was man in einem Jahr erreichen kann aber man unterschätzt was man in 5 oder 10 Jahren erreichen kann. Da ist wohl was dran. Ich freue mich wie ein Schnitzel und bin sehr dankbar, dass es finanziell gerade so gut läuft. Aber ich sehe auch große Risiken. Der Aktienmarkt ist seit dem Coronacrash außerordentlich gut gelaufen, eigentlich ist er seit der Finanzkrise sehr gut gelaufen. Es wäre alles andere als ungewöhnlich, wenn nun ein Rücksetzer kommen würde. Und der Kryptomarkt hat sich bisher in 4-Jahres-Zyklen (Halfing) bewegt. Würde dieses Muster beibehalten, würde nun ein mehrjähriger 'Winter' mit einem starken Kursrückgang folgen. Es kann aber auch alles ganz anders kommen. Ich bleibe investiert, das ist klar, aber werde das Risiko zumindest etwas reduzieren, indem ich den Fremdkapitaleinsatz ein Stück zurückfahre. Vielleicht geht die Aktienrally auch noch weiter und der Kryptomarkt bildet tatsächlich einen längeren Zyklus und schwingt sich zu neuen Höhen. Niemand weiss es. Ein Ziel für das neue Jahr ist aber auch, weniger Zeit mit Finanzen zu verbringen und mehr das Leben zu genießen, unabhängig vom Kontostand.
Danke für dein Tagebuch! Schön zu lesen.