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Managementkarriere vs. Selbstständigkeit/IT-Freelancing

CowboyBebop
(@cowboybebop)
Aktiver Freiheitskämpfer

Guten Morgen und ein frohes neues Jahr zusammen,

zunächst großes Lob für diese tolle Webseite/Maschine. Durch Zufall bin ich über einen Podcast (ich glaub es war Finanzrocker) auf den Blog und die Millionär Interviews aufmerksam geworden.

Mich treibt jetzt schon etwas länger die Frage um, wie ich am cleversten und am realistischsten ein entsprechendes Vermögen aufbauen kann. Das kann natürlich auf vielen Wegen (z.B. durch aktives/passives Investieren) geschehen.

Konkret geht es mir in diesem Post aber um die Säule "Arbeitsentgelt/Selbstständige Arbeit" und ob eine Managementkarriere oder eine Selbstständigkeit in der IT im Hinblick auf Vermögensaufbau erfolgsversprechender ist.

Mir ist bewusst, dass so eine Frage komplex ist und sich nicht mit einem einfachen Ja/Nein beantworten lässt. Mich würden daher eher Denkanstöße, Gedanken zu dem Thema und natürlich Meinungen sowie ggf. Erfahrungen der Community hier sehr interessieren!

Kurz zu mir:
Ich, der aus einer Arbeiterfamilie stammt, konnte mit Ende 20 in den letzten zwei Jahren karrieretechnisch in der Pharmabranche Dank guter Gelegenheiten (richtige Zeit, richtiger Ort) relativ schnell aufsteigen und es zu einem sehr hohen 5-stelligen Einkommen bringen. Ob mir so ein hoher Sprung in den nächsten zwei Jahren noch einmal gelingt kann ich schwer abschätzen, da rückblickend der Faktor Glück sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle hatte. Da ich unverheiratet bin und keine Kinder habe, ist jetzt sicherlich ein gutes Zeitfenster um über eine Selbstständigkeit nachzudenken.

Gedanken zur Managementkarriere:
In Deutschland ist die Mitarbeiterzahl der Firma relativ überschaubar, weshalb ein weiterer interner Aufstieg (s.o.) nach zwei Jahren eine Herausforderung darstellt. Im Idealfall wäre ich nach vier weiteren Jahren (mit Mitte 30) dann bei einem 6-stelligen Bruttogehalt. Da erscheint ggf. ein externer Wechsel interessanter. Als Alternative zum externen Wechsel sehe ich den internen Wechsel ins Ausland (z.B. Schweiz) als eine Möglichkeit an. Bedingt durch die niedrigere Abgabenlast und dem vermutlich höheren Gehalt wäre das sicherlich eine interessante Möglichkeit.

Gedanken zur Selbstständigkeit:
Als Kontrast zur Managementkarriere gibt es in meiner Entscheidungsfindung noch die Selbstständigkeit als IT-Freelancer. Meine Einschätzung ist, dass die Gig Economy weiter wachsen und die Digitalisierung in Konzernen weiter voranschreiten wird. Beides ganz gute Trends um als IT-Freelancer in den Markt einzusteigen.
Nach regem Austausch mit Freelancern aus dem Bereich Data Science/Cloud Infrastruktur bewegen sich die Tagessätze im Schnitt wohl bei 800 EUR. Bei der Annahme von 220 Arbeitstagen wäre man im Idealfall dann irgendwo bei 176k EUR im Jahr. Nachteil ist hier sicherlich u.a. dass man über einen gewissen Tagessatz keine Projekte mehr bekommt (Limit erreicht). Alternative könnte hier sicherlich die Idee sein, selbst Arbeitnehmer anzustellen und diese an Kunden zu "verkaufen" (Bodyleasing) umso über die Arbitrage nochmal Gewinne zu erzielen.

 

Disclaimer:
Wie bereits oben genannt sind das alles nur zusammengefasste Gedankengänge von mir. Mir ist bewusst, dass es neben den finanziellen Aspekten auch noch weitere Aspekte (Work-Life Balance, Sicherheit als Arbeitnehmer, wie wichtig sind einem Ruf/Wertschätzung/Beachtung) zu beachten gilt. Gerne würde ich es aber auf den finanziellen Aspekt hier reduzieren.

 

Wie seht ihr das auf Basis eurer Erfahrungen? Ist es realistischer und erfolgsversprechender hinsichtlich Einkommensmaximierung aus (Nicht)-Selbstständiger Arbeit die Managementkarriere anzustreben oder eher das Modell IT-Freelancer? Würde mich sehr über eure Dankanstöße und Gedanken freuen!

Zitat
Themenstarter Veröffentlicht : 1. Januar 2021 13:25
Judge Dredd und Maschinist mögen das
Maschinist
(@maschinist)
Maschinist
Veröffentlicht von: @cowboybebop

Guten Morgen und ein frohes neues Jahr zusammen,

zunächst großes Lob für diese tolle Webseite/Maschine. Durch Zufall bin ich über einen Podcast (ich glaub es war Finanzrocker) auf den Blog und die Millionär Interviews aufmerksam geworden.

Mich treibt jetzt schon etwas länger die Frage um, wie ich am cleversten und am realistischsten ein entsprechendes Vermögen aufbauen kann. Das kann natürlich auf vielen Wegen (z.B. durch aktives/passives Investieren) geschehen.

Konkret geht es mir in diesem Post aber um die Säule "Arbeitsentgelt/Selbstständige Arbeit" und ob eine Managementkarriere oder eine Selbstständigkeit in der IT im Hinblick auf Vermögensaufbau erfolgsversprechender ist.

Mir ist bewusst, dass so eine Frage komplex ist und sich nicht mit einem einfachen Ja/Nein beantworten lässt. Mich würden daher eher Denkanstöße, Gedanken zu dem Thema und natürlich Meinungen sowie ggf. Erfahrungen der Community hier sehr interessieren!

Kurz zu mir:
Ich, der aus einer Arbeiterfamilie stammt, konnte mit Ende 20 in den letzten zwei Jahren karrieretechnisch in der Pharmabranche Dank guter Gelegenheiten (richtige Zeit, richtiger Ort) relativ schnell aufsteigen und es zu einem sehr hohen 5-stelligen Einkommen bringen. Ob mir so ein hoher Sprung in den nächsten zwei Jahren noch einmal gelingt kann ich schwer abschätzen, da rückblickend der Faktor Glück sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle hatte. Da ich unverheiratet bin und keine Kinder habe, ist jetzt sicherlich ein gutes Zeitfenster um über eine Selbstständigkeit nachzudenken.

Gedanken zur Managementkarriere:
In Deutschland ist die Mitarbeiterzahl der Firma relativ überschaubar, weshalb ein weiterer interner Aufstieg (s.o.) nach zwei Jahren eine Herausforderung darstellt. Im Idealfall wäre ich nach vier weiteren Jahren (mit Mitte 30) dann bei einem 6-stelligen Bruttogehalt. Da erscheint ggf. ein externer Wechsel interessanter. Als Alternative zum externen Wechsel sehe ich den internen Wechsel ins Ausland (z.B. Schweiz) als eine Möglichkeit an. Bedingt durch die niedrigere Abgabenlast und dem vermutlich höheren Gehalt wäre das sicherlich eine interessante Möglichkeit.

Gedanken zur Selbstständigkeit:
Als Kontrast zur Managementkarriere gibt es in meiner Entscheidungsfindung noch die Selbstständigkeit als IT-Freelancer. Meine Einschätzung ist, dass die Gig Economy weiter wachsen und die Digitalisierung in Konzernen weiter voranschreiten wird. Beides ganz gute Trends um als IT-Freelancer in den Markt einzusteigen.
Nach regem Austausch mit Freelancern aus dem Bereich Data Science/Cloud Infrastruktur bewegen sich die Tagessätze im Schnitt wohl bei 800 EUR. Bei der Annahme von 220 Arbeitstagen wäre man im Idealfall dann irgendwo bei 176k EUR im Jahr. Nachteil ist hier sicherlich u.a. dass man über einen gewissen Tagessatz keine Projekte mehr bekommt (Limit erreicht). Alternative könnte hier sicherlich die Idee sein, selbst Arbeitnehmer anzustellen und diese an Kunden zu "verkaufen" (Bodyleasing) umso über die Arbitrage nochmal Gewinne zu erzielen.

 

Disclaimer:
Wie bereits oben genannt sind das alles nur zusammengefasste Gedankengänge von mir. Mir ist bewusst, dass es neben den finanziellen Aspekten auch noch weitere Aspekte (Work-Life Balance, Sicherheit als Arbeitnehmer, wie wichtig sind einem Ruf/Wertschätzung/Beachtung) zu beachten gilt. Gerne würde ich es aber auf den finanziellen Aspekt hier reduzieren.

 

Wie seht ihr das auf Basis eurer Erfahrungen? Ist es realistischer und erfolgsversprechender hinsichtlich Einkommensmaximierung aus (Nicht)-Selbstständiger Arbeit die Managementkarriere anzustreben oder eher das Modell IT-Freelancer? Würde mich sehr über eure Dankanstöße und Gedanken freuen!

 

Herzlich Willkommen @cowboybebop und Glückwunsch zum schon erreichten Einkommen.

Ich denke der wichtigste Punkt bei dieser Fragestellung ist nicht was für Dich möglich ist, sondern welcher Typ Mensch Du diesbezüglich bist.

Wie gehst Du als Selbständiger damit um, vielleicht einmal in ein Auftragsloch zu fallen oder mit unmöglichen Kunden umzugehen, die Versprechen Ihrerseits nicht einhalten. Kannst Du Dich generell über lange Zeiträume ohne externe Validierierung ausreichend selbst motivieren um nicht aufzugeben / lethargisch zu werden?

Falls Du den Weg in die Selbständigkeit gehst, würde ich das wenn möglich so ausprobieren, dass Du den Angestelltenjob zu Beginn weiter in der Hinterhand hast (entweder z.B. beides in Teilzeit machen und wenn das nicht möglich, dann zumindest so positionieren, dass Du leicht wieder in diese Schiene hinein kommst.

 

Wie Du in den Millionär Interviews lesen kannst, gibt es sehr viele Wege nach Rom.

Es gibt dort glückliche Angestellte die, nachdem sie einmal in der entsprechenden Position sind ohne überbordenden Stress ein schönes sechstelliges Gehalt nach Hause bringen.

Und es gibt erfolgreiche Unternehmer, denen ein Angestelltendasein der reine Horror wäre und sich in der Selbständigkeit austoben. Was Dir liegt, kann keiner von außen sagen. Das musst Du selbst heraus finden, indem Du es selbst spürst und Dich selbst beobachtest, was Du bei den einzelnen Situationen fühlst.

Generell bist Du mit dem Überbegriff "IT" dabei schon einmal hervorragend aufgestellt.

 Ich bin ein großer Verfechter davon, auch einmal ordentlich die Zähne zusammen zu beißen, Gas zu geben und sich auch mal einige Zeit durchzukämpfen. Aber was Du gerade in Deinem jungendlichen Alter nicht machen solltest ist, jetzt "geplant" dekandenlang in einer totunglücklichen Situation auszuharren, nur um noch etwas schneller Vermögen aufzubauen. Es geht auch darum, den Weg zu genießen und sich das richtige Arbeitsmodell dafür auszusuchen. Unangenehme Zeiträume gibt es dann immer noch aber das große Ganze sollte möglichst gut passen.

Einen Auslandsaufenthalt kann ich auf jeden Fall empfehlen, wenn die Bedingungen passen. Du lernst wieder ganz neue Dinge kennen und die Vor- und Nachteile des jeweiligen Landes. Die Schweiz ist ja ein tolles Land und betreff Vermögensaufbau in Europa statistisch ganz vorne.

Schönen Abend

AntwortZitat
Veröffentlicht : 2. Januar 2021 01:04
CowboyBebop und Judge Dredd mögen das
Der Autodidakt
(@der-autodidakt)
Freiheitskämpfer Silber

Ich möchte gerne etwas auf das Thema Selbstständigkeit eingehen:

Die Entscheidung Selbstständiger vs. Arbeitnehmer ist (wie der Maschinist schon geschrieben hat) in der Tat eine reine Typenfrage. Um erfolgreich eine Selbstständigkeit aufzubauen sind gewisse persönliche Eigenschaften meiner Meinung nach unerlässlich:

  1. Du brauchst einen inneren Antrieb. Als Selbstständiger hast du keinen Vorgesetzten, der dir irgendwelche Aufgaben mit festen Deadlines zuteilt. Du bist selbst dafür verantwortlich dir Aufgaben zuzuteilen und diese dann entsprechend deiner eigenen Zeitplanung zur Zufriedenheit deiner Kunden zu erledigen. Du musst in der Lage sein dich auch in langen, zähen Durststrecken weiter zu motivieren.
  2. Du brauchst eine hohe Frustrationstolleranz. Es wird ständig zu irgendwelchen Problemen kommen, für deren Lösung du alleine verantwortlich bist. Beispiele: Probleme mit einem Kunden; dem Finanzamt passt irgendwas nicht; es geht irgendwas an deinem Equipment kaputt bzw. es funktioniert nicht so wie es soll; du bist schon voll am Limit und plötzlich kommt ein Stammkunde mit einem ganz dringenden Auftrag... usw.
  3. Du musst bereit sein für alle Fehler die volle Verantwortung zu übernehmen. Wenn irgendwas nicht klappt, dann gibt es niemanden, auf den du das abwälzen kannst. Für alle Fehler bist du alleine verantwortlich. Dem Kunden wird es ziemlich egal sein, dass du einen wichtigen Abgabetermin nur deshalb nicht einhalten konntest, weil z.B. deine Festplatte kaputt gegangen ist.
  4. Du musst verkaufen können. Es gibt niemanden, der dir neue Aufträge zuteilt. Du musst Aufträge selbst "an Land ziehen".
  5. Du musst Geduld mitbringen. Gerade am Anfang ist es unerlässlich den Dingen Zeit zu geben und nicht vorschnell das Handtuch zu werfen.
  6. Das wichtigste zum Schluss: Du musst vor allem Freude an der Selbstständigkeit mit all ihren Höhen und Tiefen haben!

 

Hier noch ein paar Gedanken zu deinen Einkommensvorstellungen:
Ein Tagessatz von 800 € als Freelancer ist sicher nicht der Durchschnitt, wie du schreibst. Das ist doch eher im oberen Bereich angesiedelt. Und was vielleicht etwas banal klingt, von vielen aber nicht verstanden wird: Wenn du 800 € pro Tag aufrufst, dann musst du dem Kunden auch den entsprechenden Gegenwert liefern. D.h. wenn du einen Spitzentagessatz willst, dann musst du auch fachlich zur Spitze in deinem Umfeld gehören. Und machen wir uns nichts vor: Warum will denn überhaupt jemand mit einem unerfahren, frisch gebackenen Freelancer zusammenarbeiten? Weil er billiger ist, als die "alten Hasen"!
Von daher, setze deinen Tagessatz am Anfang deutlich niedriger an. Es geht in den ersten paar Jahren der Selbstständigkeit nicht darum ein üppiges Einkommen zu haben, sondern darum, so viel wie möglich zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Mit mehr Erfahrung und mehr Skill steigt dein Tagessatz dann automatisch mit.

 

Bei der Annahme von 220 Arbeitstagen wäre man im Idealfall dann irgendwo bei 176k EUR im Jahr

Diese Rechnung wird leider niemals aufgehen ? 

Denn,

  1. Ist der Tagessatz ja nur ein Richtwert für deine Angebotskalkulation. Kein Kunde wird sich darauf einlassen wenn du sagst: "Ich berechne xxx € pro Tag und am Ende des Projekts rechnen wir dann ab. Punkt." Kunden wollen in aller Regel ein festes Angebot, damit das Risiko dann bei dir liegt.
  2. Wirst du mit nur 220 Arbeitstagen im Jahr für den Aufbau einer Selbstständigkeit nicht hinkommen.
  3. Musst du erstmal dahin kommen, dass du so dermaßen ausgebucht bist, dass du überhaupt 220 Tage im Jahr voll in Rechnung stellen kannst.
  4. Darfst du nicht vergessen, dass du als Selbstständiger nicht auf Stundenbasis wie ein Angestellter bezahlt wird. Es gibt einen Haufen administrativen Aufwand der erledigt werden muss: Es gibt Fehler/Probleme in Projekten die du zu verantworten hast und deren Behebung daher nicht in Rechnung gestellt wird. Du hast ein Projekt falsch eingeschätzt und die Fertigstellung kostet deutlich mehr Zeit als du vorher veranschlagt hast. Du musst neue Kunden an Land ziehen usw... Das ist alles Arbeit, die gemacht werden muss, für die du aber keinen Cent bekommst.
  5. Musst du einen großzügigen Puffer aufbauen. Du wirst nicht jeden Monat ein konstantes Einkommen haben. Es wird Monate geben, in denen du gar kein Einkommen hast, dann wieder Monate in du ein sehr hohes Einkommen hast. Evtl. gibt es eine Flaute, dann brauchst du einen Puffer mit dem du dich über Wasser halten kannst.

Von daher als Tipp: Rechne immer extrem konservativ! Wenn es sich dann immer noch lohnt, dann ist alles gut!

 

Alternative könnte hier sicherlich die Idee sein, selbst Arbeitnehmer anzustellen und diese an Kunden zu "verkaufen" (Bodyleasing) umso über die Arbitrage nochmal Gewinne zu erzielen.

Das ist dann eine komplett andere Baustelle mit weiteren Herausforderungen / Problemen. Das wäre dann eher ein typisches Agentur-Business. Hier kommt dann zu allen vorher genannten Punkten, noch hinzu, dass du von nun an Verantwortung für deine Mitarbeiter übernimmst. Deine Mitarbeiter sind Angestellte und die wollen jeden Monat pünktlich ihr Gehalt auf dem Konto sehen, vollkommen egal wie das Geschäft läuft! Zudem hast du einen zig-fach höheren administrativen Aufwand.
Ich kenne die Eigentümer von zwei solcher Agenturen: Die sind nur am Rotieren, es müssen ständig neue Aufträge her. Ständig gibt es irgendwelche Probleme, Telefonkonferenzen, Meetings usw... Meiner persönlichen Meinung nach ist das ein furchtbares Geschäftsmodel.

 

Das alles soll jetzt nicht abschreckend klingen, sondern dir helfen eine realistische Einschätzung zu treffen. Und dennoch: Am Ende wirst du nicht umhinkommen, es einfach auszuprobieren, wenn du wirklich wissen willst, ob die Selbstständigkeit was für dich ist!

AntwortZitat
Veröffentlicht : 2. Januar 2021 07:51
morrich, CowboyBebop, Maschinist und 4 User mögen das
Judge Dredd
(@judge-dredd)
Freiheitskämpfer Gold

Hallo, wirklich sehr sehr guter Input. @cowboybebop: darf ich fragen, was für einen Ausbildungs/Studienhintergrund du hast? Informatikstudium?

AntwortZitat
Veröffentlicht : 2. Januar 2021 13:36
Beast
(@beast)
Verdienter Freiheitskämpfer

Ich kann deine Situation sehr gut nachvollziehen, da es bei mir einige Parallelen gibt:
Ich spiele auch immer wieder mit dem Gedanken, mich mal selbstständig zu machen. Gleichzeitig ist auch die Managementkarriere ein Thema, welches allerdings zunehmend an Bedeutung verliert (zumindest was eine Managementkarriere im Angestelltenverhältnis angeht).

Meine bisherige Situation

In meiner Firma gibt es für mich mittelfristig praktisch keine Aufstiegschancen und jedes Mal, wenn man das Thema Gehaltserhöhung anspricht, wird man auf später vertröstet.
Nach mehreren Jahren dieses Vertröstens und einem mittlerweile deutlich unterdurchschnittlichem Gehalt für jemanden mit IT-Studium finde ich das einfach nur noch unseriös und inakzeptabel.
Und auch wenn die Kollegen sehr sympathisch, das Arbeitsklima meist relativ angenehm und die Arbeit auch selten wirklich stressig ist, so habe ich Anfang 2020 dennoch beschlossen, die Firma so schnell wie möglich zu verlassen und mich für andere Stellen zu bewerben, weil ich einerseits nicht mein Potenzial vergeuden und mich andererseits auch nicht unter meinem Wert verkaufen wollte.

2020

Durch Corona hat sich die Lage dann natürlich etwas eingebremst, diverse Bewerbungs-Gespräche wurden abgesagt oder auf später verschoben und das Arbeiten selbst war durch fast 100 %iges Home-Office (auch im Sommer) relativ entspannt und ich wollte den Jobwechsel erst mal auf "nach Corona" verschieben.
Auch die Tatsache, dass nun wohl auch zukünftig (nach Corona) locker die Hälfte der Arbeitszeit im Home-Office absolviert werden kann, macht meinen aktuellen Arbeitsplatz wieder attraktiver.
Nicht zuletzt hatte ich durch die gewonnene Zeit (Hin- und Rückfahrt) auch viel mehr Zeit fürs Trading, wodurch ich dieses Jahr erstmals eine Performance erreichen konnte, von der ich bereits leben könnte (aber damit kann man natürlich nicht jedes Jahr rechnen).

Heute

Alles in allem denke ich mir daher aktuell, dass mir eine Gehaltserhöhung mittlerweile relativ egal ist und eine höhere Position in einer anderen Firma nicht unbedingt besser sein muss, weil die neue Tätigkeit auch eine Menge Stress reinbringen könnte und dadurch meine Trading-Aktivität verschlechtern könnte, wodurch sich das bessere Gehalt wieder relativieren würde. (Vielleicht WILL ich unterbewusst auch gar kein höheres Gehalt mehr, weil das den Komfort des Angestelltenverhältnisses noch weiter erhöht und mich von der Selbstständigkeit abhält.)

Mittlerweile denke ich also, dass ich vor einem "regulären" Jobwechsel zu einer anderen Firma wohl eher gleich die Selbstständigkeit in Angriff nehmen sollte.
Denn auch wenn ich die Managementkarriere anstreben wollte, um mein Studium nicht umsonst gemacht zu haben, so denke ich dennoch, dass das Leben als Angestellter ohnehin nichts für mich ist.
Weil ich mich als Angestellter einfach immer nur wie ne Batterie in der Matrix fühle. Ich kann einfach nie die Motivation wie manch Andere aufbringen, wirklich alles zu geben, weil ich dann das Gefühl habe, ausgenutzt zu werden (vor allem auch wenn man sich unterbezahlt fühlt).
Mit alteingesessenen Kollegen (15-20 Jahre) hab ich dann irgendwie auch fast schon "Mitleid", dass die ihr halbes Leben damit verschwendet haben, für eine Firma gearbeitet zu haben, die nicht ihnen gehört (auch wenn die das selbst vielleicht gar nicht so sehen).
Naja, ist aber auch nur meine Sicht der Dinge.
Im Endeffekt könnte die Selbstständigkeit genauso meine Trading-Aktivitäten verschlechtern und deutlich machen, dass Angestelltenjob und Trading die beste Kombi ist, wer weiß das schon.
(Trading sehe ich ja auch schon als eine Art Selbstständigkeit an, aber wenn beide Einkommensströme selbstständig wären, wäre das natürlich noch besser ?)

Nochmal zu deiner Situation

Wenn du denkst, dass die Selbstständigkeit das Richtige für dich ist, dann ist jetzt (in diesem von dir schon erwähnten "guten Zeitfenster") wohl der beste Zeitpunkt dafür bzw. vielleicht sogar der letzte mögliche Zeitpunkt.
Ich denke nämlich, dass du es höchstwahrscheinlich niemals machen wirst, wenn du es jetzt nicht mal unter diesen optimalen Rahmenbedingungen machen wirst.
Vor allem, wenn das Angestelltengehalt mit der Zeit immer weiter steigt und du den Komfort dieses hohen Gehalts dann für einige Zeit aufgeben müsstest bzw. hart/lange daran arbeiten müsstest, um in der Selbstständigkeit ein vergleichbares Einkommen erzielen zu können.
(Nach einiger Zeit ist nach oben hin alles offen und du kannst mit Geschick sicher auch weit mehr verdienen als im Management einer Firma, aber leicht ist das natürlich auch nicht)
Daher denke ich, dass es besser ist, so früh wie möglich zu starten, sonst wird das Angestelltenverhältnis einfach zu komfortabel und risikoarm im Vergleich zum riskanten Sprung in die Selbstständigkeit.
Eine Teilzeitmöglichkeit wäre da natürlich eine gute Form, langsam damit starten zu können.
Ich würde das Thema aber generell nicht einfach nur auf den finanziellen Aspekt reduzieren, weil sicherlich beides gut sein kann, wenn man es richtig angeht.
Die Frage ist eher, was du für ein Mensch bist und was eher zu dir passt.

 

EDIT: Bisschen viel geworden, hab mal Überschriften eingebaut, um den Lesefluss etwas angenehmer zu gestalten ? 

AntwortZitat
Veröffentlicht : 2. Januar 2021 21:01
Yakari mag das
CowboyBebop
(@cowboybebop)
Aktiver Freiheitskämpfer

Wow! Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten!

Veröffentlicht von: @maschinist

Ich bin ein großer Verfechter davon, auch einmal ordentlich die Zähne zusammen zu beißen, Gas zu geben und sich auch mal einige Zeit durchzukämpfen. Aber was Du gerade in Deinem jungendlichen Alter nicht machen solltest ist, jetzt "geplant" dekandenlang in einer totunglücklichen Situation auszuharren, nur um noch etwas schneller Vermögen aufzubauen. Es geht auch darum, den Weg zu genießen und sich das richtige Arbeitsmodell dafür auszusuchen. Unangenehme Zeiträume gibt es dann immer noch aber das große Ganze sollte möglichst gut passen.

Da kann ich dir nur zustimmen. Ich finde v.a. den Satz "Es geht auch darum, den Weg zu genießen[...]" sehr treffend und wichtig. Zwar habe ich schon mal die Aussage "es ist eine Lifestyle-Entscheidung" gehört, allerdings finde ich den von dir genannten Satz nochmal deutlicher auf den Punkt gebracht.

 

@der-autodidakt besten Dank für die Gedanken und Tipps zur Selbstständigkeit! Da waren nochmal einige neue Denkanstöße (v.a. zum Agenturgeschäft) für mich dabei. Gerne hätte ich noch ein paar Ergänzungen/Anmerkungen zum Thema IT-Freelancing. Disclaimer: Diese Infos stammen hauptsächlich aus Gesprächen/der Arbeit mit Freelancern mit denen ich aus Kundensicht in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet habe. Da kann natürlich ein gewisser Bias enthalten sein.

 

Veröffentlicht von: @der-autodidakt

Wirst du mit nur 220 Arbeitstagen im Jahr für den Aufbau einer Selbstständigkeit nicht hinkommen.

Da bin ich voll bei dir, die 220 Arbeitstage sind wirklich nur eine theoretische Idealsituation mit der man besser nicht kalkulieren sollte. Selbst wenn man am Markt "gefragt" ist, kann es durchaus passieren, dass zugesagte Projekte kurz vor dem Start oder in den ersten Wochen vom Kunden wieder abgesagt werden.

Den administrativen Aufwand der da noch "mitschwingt" darf man wirklich nicht unterschätzen. Themen wie z.B. Steuern werden dann meist am Wochenende erledigt.

Veröffentlicht von: @der-autodidakt

Ist der Tagessatz ja nur ein Richtwert für deine Angebotskalkulation. Kein Kunde wird sich darauf einlassen wenn du sagst: "Ich berechne xxx € pro Tag und am Ende des Projekts rechnen wir dann ab. Punkt." Kunden wollen in aller Regel ein festes Angebot, damit das Risiko dann bei dir liegt.

So kenne ich das z.B. auch aus der Webentwicklung. Während meines Studiums habe ich mich da schon etwas ausprobieren können. Kunden haben i.d.R. kein Interesse an einem Studentensatz, sondern wie du schon sagst an einem Fixpreis für das Projekt/Arbeitspaket.

Es gibt aber auch das Modell, dass Freelancer auf Stundenbasis abrechnen. Dieses Modell findet v.a. häufig im Bereich IT-Infrastruktur in großen Unternehmen (wie z.B. Versicherern, Banken, etc.) Verwendung. Dort werden Projekte wie Cloud-Migration, etc. gerne ausgelagert.

Der Freelancer kann die Konzerne als Kunden hier meist nicht selbst (direkt) akquirieren. Diese arbeiten i.d.R. mit Personalvermittlern oder großen IT-Dienstleistern zusammen. Über diese IT-Dienstleister/Vermittler kommt man als Freelancer dann zum Kunden. Entsprechend muss hier ein Teil vom Stundensatz abgetreten werden und Verträge sind schon entsprechend fix gestaltet. Bei diesem "Modell" gehen natürlich neue Risiken für einen einher. Das ist das Modell, welches ich im Sinn hatte.

 

Veröffentlicht von: @der-autodidakt

Ein Tagessatz von 800 € als Freelancer ist sicher nicht der Durchschnitt, wie du schreibst.

Stimmt, da war bei mir der Bias im Spiel. Als Einsteiger wäre so ein Satz unrealistisch bzw. schwierig zu verkaufen. Es wird hier sicherlich auch ein gewisses Stundensatz-/Tagessatz-Limit geben, ab/über dem man zu teuer für den Kunden ist und keine Aufträge mehr bekommt und somit seine Grenze erreicht.

@maschinist und @der-autodidakt - Vielen Dank euch beiden nochmal für die kritischen Gedanken! Das hat mir wirklich sehr gut geholfen auch nochmal die Herausforderungen der Selbstständigkeit "herauszuarbeiten".

 

Veröffentlicht von: @judge-dredd

@cowboybebop: darf ich fragen, was für einen Ausbildungs/Studienhintergrund du hast? Informatikstudium?

Gerne! Ich hab einen Master in Wirtschaftsinformatik.

 

 

AntwortZitat
Themenstarter Veröffentlicht : 2. Januar 2021 21:19