Ich mache heute ein Geständnis. Ich habe als Jugendlicher die öffentliche Schule oft gehasst! Ich meine damit speziell den Zeitraum von meinem zehnten Lebensjahr bis zum Ende der Sekundarstufe. Dieser Zeitraum war für mich oft schwierig und wenn ich jetzt nach all den Jahren darüber nachdenke, ist da immer noch ein Gefühl von Traurigkeit und auch Scham tief in meinem Unterbewusstsein.
Ich bin zwar immer versetzt worden aber manchmal war es ganz schön knapp und wahrscheinlich haben neben meiner Mutter beim halbjährlichen Elternsprechtag damals auch höhere Mächte im Himmel nachgeholfen, größere Probleme zu vermeiden. Während meine Grundschulzeit auf dem Dorf noch problemlos war, wurde das ab dem Wechsel auf die Realschule aber der fünften Klasse anders. Neue Stadt, große Klassen und andere Lehrer. Bei mir kamen damals wahrscheinlich mehrere Dinge zusammen. Ein großer Faktor war, dass mich Schule in diesem Zeitraum nicht wirklich interessiert hat und ich die Auswirkungen auf mein weiteres Leben damals überhaupt noch nicht erkannt habe.
Mein Computer, mein getuntes Moped und irgendwann auch das andere Geschlecht waren damals um ein vielfaches interessanter, als der Frontalunterricht in einer deutschen Kleinstadt in den 80ern. Mathe und naturwissenschaftliche Fächer waren zwar kein Problem; dort flutschte ich sogar mit abgeschriebenen oder nicht gemachten Hausaufgaben durch, weil mir das lag und liegt. Aber in Deutsch und Englisch retteten mich wahrscheinlich nur höhere Mächte (danke Opa!). Die Punkte: 1. „Schlechte Noten in sprachlichen Fächern“ und 2. „Kein Interesse“ waren dabei im Rückblick für mich ab einem bestimmten Zeitpunkt gegenseitig selbstverstärkend. Ich habe diese Dinge irgendwann immer mehr verdrängt, je schlechter die Rückmeldungen der Lehrer wurden. Bei einem Lerneinsatz nahe null, frage ich mich heute, wie ich dort überhaupt durch gekommen bin.
Jetzt habe ich mittlerweile eigene Kinder. Das erste Gefühl, das ich spüre, wenn ich über diese Dinge nachdenke, ist das starke Bedürfnis, Sie vor dieser Art von Negativspirale zu bewahren und Ihnen irgendwie zu vermitteln, dass diese Dinge für Ihr späteres Leben wichtig sind. (Man kann es drehen wie man will; Ein ordentliches Einkommen ist eine Grundvorrausetzung fuer eine hohe Sparquote und damit im Endeffekt für Deine Freiheit). Das lustige dabei ist; meine Eltern haben früher genau das gleiche versucht. Ich kann mich gut erinnern, wie oft mir mein Vater zu erklären versuchte, welche Konsequenzen es hat wenn ich mich nicht mehr anstrenge.
Hat es etwas genutzt? Wenn überhaupt, dann nur sehr wenig. Hat es mich damals zu einem guten und selbst motiviertem Schüler gemacht. Nein! Nachdem ich die für die Versetzung entscheidende Klausur bestanden hatte, ließ ich es im neuen Schuljahr, bei Dingen die mich nicht interessierten schon wieder schleifen. Ich habe meinen Eltern damals wahrscheinlich ein paar schlaflose Nächte beschert und ich kann das erst richtig nachvollziehen, seitdem ich selbst Kinder habe.
„Ok; Maschinist. Dein Geständnis ist ja ganz schnuckelig aber Du erzählst mir hier sonst immer von Erfolgen, gut entlohnten Berufen und früher finanzieller Unabhängigkeit. Wie passt das alles zusammen?“
Die Information, die alles zusammenfügt und Dir gleichzeitig zeigen soll, was mich (und auch Dich) wirklich motiviert zu Lernen und sich auf neue und am Anfang schwierige Dinge zu konzentrieren, ist das hautnahe Selbsterleben aller Konsequenzen des eigenen Handelns. Als Faustregel für einen selbst, oder auch die eigenen Kinder gilt: Wenn man auf dem falschen Weg ist, sollte es möglichst früh möglichst weh tun! Und gleichzeitig sollte man möglichst früh so viele verschiedene Dinge ausprobiert haben, dass man das Ganze dann vergleichen und eigene Ziele und Lösungswege daraus formulieren kann. Besonders der zweite Punkt war damals während meiner Schulzeit noch gar nicht gegeben. Es tat zwar weh, aber nicht genug um nicht weiter damit leben zu können. Und wie das Berufsleben in Wirklichkeit aussieht; davon hatte ich damals noch keine Ahnung. Praktika während meiner Schulzeit gab es damals noch nicht und in meinem Umfeld gab es dazu keine Anregungen.
An ein Studium war nach meinem durchwachsenen Realschulabschluss also gar nicht zu denken. Der Maschinist machte dann im Anschluss eine handwerkliche Ausbildung bei einem mittelständigen Industrieunternehmen. Und wow! Endlich! War das eine Erfahrung!
Jetzt ist handwerkliche Arbeit etwas sehr ehrenhaftes und auch heute noch verbringe ich einen Teil meiner Freizeit damit, Dinge zu reparieren oder zu bauen. Aber diese Ausbildung bewirkte damals etwas in mir. Mit ölverschmierten Händen in einer lauten und oft auch heißen Industriehalle den ganzen Tag lang Maschinen zu reparieren und der Ausblick darauf, genau das die nächsten vierzig Jahre bei relativ magerem Lohn zu tun, war ein echter Schock. Ein heilsamer Schock! Ich spürte zum ersten Mal wirklich die Konsequenz meines Handelns! Meinem noch jugendlichen selbst ging plötzlich ein ganz großes Licht auf! Wenn ich mich nicht ändern würde, würde genau dieser Zustand zu meiner zukünftigen und dauerhaften Realität werden. Ich würde die nächsten vierzig Jahre in dieser Halle stehen.
Was die jahrelangen Ansprachen meiner Eltern nicht vermochten, kam auf einmal aus mir selbst. Selbstmotivation! Ein eigener starker Antrieb sich zu ändern. Ab diesem Zeitpunkt brauchte dem Maschinisten niemand mehr zu sagen, dass er sich mehr anstrengen musste. Er brachte danach so schnell es ging seine verkürzte Ausbildung zu Ende, meldete sich danach zum Fachabitur an und ein Jahr später zum Maschinenbaustudium. Die Lernkurve war in dieser Zeit ganz schön steil und Sie war auch nicht immer schmerzfrei; ganz bestimmt nicht. Aber nachdem ich hautnah erlebt hatte was ich nicht wollte und auch sah wie der Ausweg aussehen könnte, musste mich niemand mehr motivieren!
Selbst in den stressigsten Zeiten im Studium war mir innerlich klar, dass ich diese Sache zu Ende bringen würde. Definitiv und keine Frage. Ich hatte die Alternative selbst hautnah erlebt und wollte niemals dorthin zurück. Das Ganze war also eine gute Mischung aus „Weg von- Motivation“ und mein Weg danach eine „Hin zu – Motivation“. Diese beiden Motivationsarten sind beide intrinsisch. Dass heißt Sie kommen aus Dir selbst und sind deutlich wirkungsvoller als jede extrinsische Motivation, die von außen auf uns einwirkt.
Die Geschichte vom Maschinisten hat also ein Happy End und das macht es natürlich auch leichter, Sie zu erzählen. Das erreichte Ziel des abgeschlossenen Studiums, und danach auch der erste richtige Job, waren im Rückblick dabei wie immer in einem Leben nur eine Etappe und sie öffneten einen weiteren Raum. Und genauso ist auch die finanzielle Unabhängigkeit nur eine weitere Etappe. Das Erreichen dieses Ziels ist wunderbar. Aber das alleine wird Dich nicht dauerhaft glücklich machen, wenn Du die neuen Möglichkeiten daraus nicht nutzt und den neuen Raum, den Du nun zur Verfügung hast, nicht ausfüllst.
Aufgrund meiner eigenen Geschichte gefällt mir darum auch das US-Amerikanische Konzept so gut, Jugendliche schon sehr früh bezahlte Arbeiten in der Ferienzeit oder manchmal auf nach der Schule verrichten zu lassen. Zehnjährige Kinder bieten sich hier z.B. in der Nachbarschaft zum Babysitten an. Zwölfjährige Jugendliche verhandeln darüber, Deinen Rasen zu mähen. Ferienjobs im Supermarkt oder an der Tankstelle für 14 Jährige sind hier ganz normal. Es ist eine Kultur, viele Dinge auszuprobieren und den eigenen Nachwuchs auch einmal unkomfortable Erfahrungen machen zu lassen und das Ganze dann eine bestimmte Zeit durchzuhalten.
Auch wenn es schwer fällt, wird der Maschinist also versuchen sich bei den eigenen Kindern zurück zu halten, einen auf Oberlehrer zu machen und Dinge zu predigen, die sowieso kaum etwas ändern. Er wird es dagegen mit ein paar gezielten Würfen in sicheres aber doch kühles Wasser versuchen. Und das nicht nur bei seinem Nachwuchs, sondern auch bei sich selbst.
Und das solltest Du auch tun. Du hast schließlich noch viele Ziele im Leben! Und Die Freiheitsmaschine ist der Ort an dem Du die Hilfsmittel bekommst, Sie zu erreichen.
Auf ein freies und erfülltes Leben!