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Der andere Blick / Elternklinik

Herr Vorragend
(@herr-vorragend)
Freiheitskämpfer Gold

Hey Leute, 

ich hatte das Bedürfnis den Artikel über die Doku Elternklinik zu teilen. 

https://www.zeit.de/kultur/2018-10/elternschule-dokumentarfilm-erziehung-ueberforderung-10nach8

Den Dokumentarfilm habe und werde ich wahrscheinlich nicht sehen. 

Von den "Erzieherischen" Methoden die ich selber erleben durfte könnte ich auch noch eine Menge erzählen: 

Das geht von überdosen Beruhigungsmittel hin zu angeordneten Magenauspumpen, weil Betreuer ein Medikament verloren hatten. Auch ständige Zimmerfilzungen waren anscheinend vertrauensbildene Maßnahmen. 

Gut finde ich, dass der Artikel die Frage nach der Wirkung der Erziehung stellt. Weil ich der Überzeugung bin, dass wir gerade in den Erzieherischen Bereichen für Menschen die es gerade etwas schwerer haben uns die Probleme meist selber züchten.  

Auch die Frage nach dem Menschenbild wird in den Artikel gestellt. Finde ich sehr gut. 

Mein Eindruck war oft, dass sich die Gegenseite als Übermensch aufgespielt hatte. Man selbst aber nur untermensch sein sollte. Natürlich sollten die Betreuer Hierarchisch über den Kindern stehen, außer Frage. Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen "Ich schrei dich so lange zusammen, demütige dich bis du gehorchst, Fehler bei mir gibt es nicht" und "ich rede mit dir respektvoll, aber ich setze mich durch und Zeige dir Chancen auf". Es gibt einen großen Unterschied zwischen Fürchten und respektieren. 

Die letztere Variante ist in den Verschiedenen Einrichtungen in den ich war leider sehr selten gewesen. Gab es aber zum Glück auch. 

Dieses Thema ist wichtig, nicht zuletzt weil, aus meiner eigenen Erfahrungen nach, die Rechte als Kind so gut wie gar nicht einzufordern sind. Beispielsweise war bei uns ein eingefordertes Telefonat mit dem Jugendamt immer mit sehr Negativen konsequenzen verbunden. 

Euch ein schönen Sommertag.

Gruß,

Pascal 

 

 

Zitat
Themenstarter Veröffentlicht : 30. Juni 2019 07:33
Maschinist
(@maschinist)
Maschinist

Hi Pascal,

danke für den Link und Deine Erfahrungen.

 

Ich selbst habe zwei Kinder.

Beide sind jetzt wunderbare Menschen. Sie haben eigene und zum Teil ganz verschiedene Leidenschaften. Sie haben Freunde, ein freundliches Wesen und Sie Verhalten sich auch in einem neuen Umfeld beide sicher aber doch sehr respektvoll.

Ich mag meine beiden Kinder sehr und ich bin sehr gerne mit Ihnen zusammen.

Das war aber nicht immer so.

Eins der beiden Kinder ist als Schreikind auf die Welt gekommen. Wir Eltern wurden ausgehend von einem sehr schönen und freien DINKS Leben mit vielen Freundschaften, Reisen und relativer Sorgenlosigkeit in die Vorhölle eines tyrannischen Babies und danach Kleinkindes gestossen.

Stundenlanges Schreien ohne ersichtlichen Grund! -Jeden Tag! -  Monatelang! Schlafperioden von nicht mehr als 120 Minuten und wieder Schreien. Jeden Tag! - Monatelang...

Wenn ich von meinem Angestelltenjob nach Hause kam, startete die Hölle in der meine Partnerin noch viel mehr Zeit verbringen musste. Ich erinnere mich an eine Situation, bei der wir ca. 10 Monate nach der Geburt dann zum ersten Mal in einer Bäckerei sitzen und einen einzigen Kafffe trinken konnten aber natürlich hatten wir schon direkt mit der Bestellung bezahlt, falls unser schlafendes Kind aufwachte und der grundlose Schreianfall so wie immer wieder direkt los ging, der so krass war, dass alle Umstehenden meinten, dem Kind wird etwas angetan. Viele medizinische Untersuchungen ohne Befund. Ratlose Großeltern.

Ich war damals relativ sicher, nicht zum Elternsein gemacht zu sein und bereute wie auch meine Frau die Entscheidung.

Unser zweites Kind war dann ganz anders. Ruhig, kuschelig, ein Sonnenschein. Und unser erstes Kind wurde durch einen geradezu unermüdlichen Einsatz von uns allen auch langsam ruhiger und umgänglicher und ist heute schließlich gar nicht mehr wieder zu erkennen. Sie ist mit die freundlichste und sozialste Person in einem Raum, ist ausgeglichen und zufrieden mit sich selbst.

Für uns war das damals die größte Anstrengung, die wir bis dahin unternommen haben und wenn wir zum dem Zeitpunkt als Paar nicht schon so gefestigt gewesen wären und materiell nicht schon so sicher aufgestellt (wodurch wir viele Verbesserungen einfach bezahlen konnten), wäre das ganze Projekt vielleicht gescheitert und wir hätten uns als Eltern getrennt.

Es gibt Kinder, die kommen mit einem sehr unsozialen Verhalten auf die Welt. Sie wären in der Steinzeit garantiert mit Absicht dem Säbelzahntiger als Mahlzeit bereit gestellt worden, weil sich kein Tribe den Stress und das Risiko angetan hätte.

Das sieht man nicht, wenn man selbst noch keine Kinder hatte und dann nicht zumindest bei Freunden in der gleichen Situation ein paar extrem krasse Beispiele erlebt hat.

Das Ganze soll keine extremen Erziehungsmothoden rechtfertigen und natürlich auch nicht Deine Erlebnisse aber es gibt kleine junge Menschen, die bringen wirklich das gesamte Umfeld an die Grenzen ihrer Kräfte und wenn dann kein sehr gutes und gefestigtes Umfeld vorhanden ist, das massiv gegen steuert, hört der Wahnsinn nie auf.

Schönen Sonntag

AntwortZitat
Veröffentlicht : 30. Juni 2019 11:34
Smmn
 Smmn
(@smmn)
Verdienter Freiheitskämpfer

Wow. Als Vater von einem 11 monatigem Baby kann ich vieles nachvollziehen. Unserer ist auch recht anstrengend und schläft noch immer nicht durch.

Allerdings sicherlich weit entfernt von Deiner Geschichte. 

Wie konntet ihr euch angesichts dieser Erfahrung für ein weiteres Kind entscheiden?

AntwortZitat
Veröffentlicht : 7. Juli 2019 20:16
Maschinist
(@maschinist)
Maschinist

Das frage ich mich manchmal auch. Ich wollte selbst immer mindestens zwei Kinder haben, da ich selbst Einzelkind bin und das anders machen wollte.

Ich bin natürlich froh, dass wir es getan haben und wie gesagt, sind unsere beiden Kinder heute zu 90% ein Quell der Freude. 

AntwortZitat
Veröffentlicht : 7. Juli 2019 21:39
marsupilami
(@marsupilami)
Freiheitskämpfer Silber

Hi Maschinist!

Ich kann mir genau vorstellen, was das für eine Belastung gewesen sein muss bei eurem ersten Kind. Unser Kleiner ist jetzt fast 5 Monate alt und Gott sei Dank weit davon entfernt ein Schreikind zu sein. Er schläft sogar jede Nach von 8 Uhr bis 5 Uhr durch ohne gestillt werden zu wollen und ist generell eher ein Sonnenscheinkind. Nichtsdestotrotz hatten auch wir schon Phasen an denen wir an unserer Grenze waren. Das war meistens in den Entwicklungsschüben, wo das Kind dann 1h lang ohne Pause durchschreit ohne dass man irgendetwas dagegen tun kann oder gar ein Grund ersichtlich ist. Was uns da geholfen hat war es einfach zu akzeptieren und zu wissen, er hört wieder auf. Meistens war er dann nach diesen Phasen auch total lieb und kuschelig. Am übelsten war es aber wenn ich den Kleinen alleine hattte weil meine Frau in Sport war oder Ähnliches und ich dann so eine Phase erwischt habe. Jeder der das mal erlebt hat und sagt, dass er nicht aggressiv geworden ist, den beneide ich um seine Geduld. Natürlich würde ich dem Kleinen nie was tun aber nach einer Stunde Dauergeschrei als ob er dauermisshandelt würde, denkt man sich, gleich fliegt wer aus dem Fenster ;)
Wenn ich mir vorstelle, das nicht nur ab und an eine Stunde sondern jeden Tag stundenlang ertragen zu müssen, dann kann ich den Begriff "Vorhölle" sehr gut nachvollziehen. Ich hoffe es bleibt bei uns alles in allem so entspannt ;) Für mich/uns war die Erfahrung mit dem Kleinen bisher einfach schön - wir hatten so viele unglaublich emotionale Momente - sowohl diese schönen Seiten als auch die nicht so schönen kann man nur nachvollziehen wenn man es selbst erlebt hat. Ist schon eine unglaubliche Achterbahnfahrt der Gefühle. Weiterhin alles gute mit dem Nachwuchs!

 

AntwortZitat
Veröffentlicht : 8. Juli 2019 15:50
Maschinist mag das