Hallo Community,
Ich brauche mal die Unterstützung Von Euch beim Thema Reduzierung Arbeitszeit.
Folgende Situation:
Kleine Familie, Alter 40 Jahre, Kind im Kiga.
Vermögen im 6stelligen Bereich mit einer Zahl größer 5 vorne das wäre ungefähr die Hälfte auf dem Weg zur FF.
Gerne würde ich als Hauptverdiener in den nächsten Jahren meine Arbeitszeit reduzieren, damit ich mehr Zeit für die Familie habe. Insbesondere an den Nachmittagen, wenn mein Kind bald aus der Schule kommt oder in den Schulferien um gemeinsam zu verreisen oder einfach nur da zu sein.
Derzeit bin ich in der untersten Führungsebene. Da momentan die Hölle los ist, wird eine Reduzierung der Arbeitszeit schwer durchzusetzen sein. Und da ich Vertrauensarbeitszwit habe, könnte eine Reduzierung auf dem Papier dazu führen, dass ich die Abende dann mit Liegengebliebener Arbeit fülle und defacto nicht weniger arbeite sondern nur weniger verdiene.
Die andere Alternative einer unbezahlten Urlaubstagserhöhung wird vermutlich noch schwieriger umzusetzen sein.
Generell hat man ja ein Anrecht auf Reduzierung der AZ, wenn aus betrieblichen Gründen nichts dagegen spricht. Ab einer gewissen Betriebsgröße ist es in meinen Augen schwer seitens AG dagegen zu argumentieren, oder liege ich da falsch?
Ich weiß aber dass mein aktueller Chef das gar nicht gut finden würde und ich beim AG vermutlich keine weitere Karriere machen könnte. Das wäre für mich aber ok, bin zufrieden mit dem erreichten.
Laufende Kosten könnte ich auch mit einem 2/3 Gehalt decken, so dass dann zwar nicht weiter investiert würde aber das vorhandene Kapital sich weiter vermehren kann. Falls ich später nicht mehr aufstocken könnte, könnte ich immernoch einfach regulär reduziert bis zur Rente arbeiten. Sollte locker reichen. ;)
Welche Möglichkeiten sehr ihr?
Was sind jeweils vor- und Nachteile? Habe ich etwas nicht bedacht?
Vielen Dank im Voraus!
Windsurfer
PS: vielleicht würde ich dann auch mal wieder zum windsurfen kommen…
Lieber @windsurfer, hey den letzten Satz könnte ich auch so schreiben So einfach ist die Frage nicht zu beantworten. Das liegt daran, dass natürlich der Weg zu FF kürzer ist, wenn man gut verdient und weiter fett investiert. Allerdings läuft die Zeit und die Kids sind nur 1x klein. Ich selbst würde einen Mittelweg gehen, noch n paar Jahre mitnehmen, evtl mit Aufstieg und dann auf 60-70% reduzieren und das Kind ab 8-10 mit Windsurfen infizieren.
Das ist sehr individuell und hängt vor allem davon ab was Du willst bzw. priorisierst und wie Deine spezifische Situation beim Arbeitgeber ist. Grundsätzlich ist selten eine gute Zeit um solche Themen an der Arbeit anzusprechen. Daher würde ich das "Hölle los" Thema ausklammern. Wenn Du Nachmittags mehr Zeit brauchst wäre die AZ-Reduzierung gut, wenn Du in den Ferien länger frei haben willst wären unbezahlte Freistellungstage sinnvoll (keine Ahnung ob es da versicherungstechnische Grenzen gibt). Wenn Du Sorge hast aufgrund des Verantwortungsgefühls die reduzierte Zeit Abends und am Wochenende unbezahlt dranzuhängen musst Du Dir eine eiserne Routine und emotionale Distanz zum Job verschaffen - und das ist leichter gesagt als getan.
Ich kann für meine individuelle Situation (Verwaltungsangestellter in einem DAX Konzern ohne Führungsverantwortung mit Gleitzeitkonto, 2 Kinder mit 6 und 8 Jahren) sagen, dass die Arbeitszeitreduzierung eine der Top 3 Entscheidungen meines Lebens war. Ich habe feste off-Zeiten an die sich mein Arbeitsumfeld gewöhnt hat und arbeite 5 Tage die Woche. Das ist in turbulenten Zeiten trotz Gleitzeitkonto aufgrund meines eigenen Anspruchs nicht immer leicht, klappt aber überwiegend gut. ich kenne auch einige Kollegen in Führungspositionen mit Vertrauensarbeitszeit, bei denen das ebenso klappt.
Fazit: Die Vermögenshöhe hört sich bei euch super an, daher kannst Du ganz auf Deine innere Stimme hören und die Richtung einschlagen, mit der Du und Deine Familie langfristig am besten fahren könnt. Wäge also zwischen Deinem Ehrgeiz und der Familienzeit ab. Beide Extreme gilt es zu vermeiden: unzufriedene Familie auf der einen und unerfüllte Karriereträume auf der anderen Seite. Denn beides kann langfristig Gift sein.
Ach was ich vergessen hab: Du hast zwar recht, dass der AG ab einer gewissen Unternehmensgröße schwer mit betrieblichen Gründen argumentieren kann. Das mit Gewalt durchzusetzen wird aber zu verbrannter Erde führen und hilft Dir langfristig nicht. Daher versuche Deine Vorgesetzten so ehrlich wie möglich ins Boot zu holen und mit offenen Karten zu spielen. Meiner Erfahrung nach hilft es sie bei der Lösungssuche einzubinden und ihnen Alternativen aufzuzeigen (wobei die von Dir bevorzugte natürlich im besten Licht stehen sollte). Dann haben sie den Eindruck noch was mitbestimmen zu können und müssen nicht das schlucken, was Du ihnen vorsetzt. Und vielleicht kommt dabei ja sogar noch eine bessere Lösung heraus.
Auch einmal ueber die Arbeitnehmerperspektive hinausgedacht? Nein, soll nicht sarkastisch klingen (schon weil ich eine Frau habe, die keine zehn Pferde in die Selbststaendigkeit bringen). Ich spare mir auch erst einmal die verschiedenen Abwaegungen, schon allein weil ich die persoenliche Situation und Faehigkeiten nicht kenne.
Nur mal als prinzipielle Anregung, denn das beinhaltet auch verschiedene andere Aspekte der Namensgebung dieser Seite.
@siduva
Danke Siduva für deine ausführliche Antwort!
VG ins Boot holen wird sicher nicht klappen. Dann sollte ich wie von Natman vorgeschlagen besser noch 1-2 Jahre warten.
Ich habe schon von einigen gehört dass arbeitszeitreduzierung die beste Entscheidung war. Will ich auch haben ;)
@nagini
Hallo nagini,
Ja habe ich. Dann müsste ich aber meines Erachtens etwas komplett neues anfangen. Grundsätzlich hätte ich dazu auch Lust, aber ich glaube die Energie und Ideen kommen erst in der FF. dann bleibt ja immer noch Zeit dafür.
Hallo Community,
Ich brauche mal die Unterstützung Von Euch beim Thema Reduzierung Arbeitszeit.
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Danke für Deinen Beitrag Windsurfer!
Ich habe in ca. 20 Jahren in einem DAX Konzern zu diesem Thema folgende Erfahrungen gemacht:
Trivialitäten:
- Noch vor einer Dekade waren Mitarbeiter, die den Weg der Arbeitszeitreduzierung gegangen sind, für nachfolgende bedeutende Karriereschritte aber auch deutliche Gehaltssprünge tot. Das hat sich mittlerweile ein Stück weit verändert. Das heißt ich würde das erst tun, wenn man in seiner Zielposition ist (bist Du nach eigener Aussage).
- Die Mitarbeiter, die Ihre Stundenzahl nur leicht reduziert haben (z.B. von 40 auf 30) und weiterhin 5 Tage die Woche anwesend waren, arbeiten nach meiner Einschätzung oft so viel wie zuvor. Sie arbeiten nur schneller, weil sie als Preis früher heimgehen können.
Und hier der wirklich interessante Teil über den fast niemand spricht:
Wie viel Menschen wirklich arbeiten, wird mit steigender Unternehmensgröße für Außenstehende immer unübersichtlicher. Es kommt dagegen immer mehr darauf an, wie gut sich die Mitarbeiter gegenüber anderen diesbezüglich verkaufen können.
Das hat im Bereich Arbeitsleistung und Arbeitszeit zur Folge, dass es dort Menschen gibt, die eine hohe Arbeitsleistung erbringen und zusätzlich ungezählte unbezahlte Überstunden abreißen. Je nach eigenem Verkaufstalent wird dieser Einsatz langfristig belohnt oder auch nicht.
Es gibt auf auf der anderen Seite auch Menschen gerade im Vertrauensarbeitszeitspektrum, die eine übersichtliche Arbeitsleistung mit einem übersichtlichen zeitlichen Einsatz verbinden. Je nach eigenem Verkaufstalent fällt eine solche Handlungsweise dann bei vollen Gehalt auf oder auch nicht.
Was ich mit dem letzten Abschnitt sagen will: Man kann sich in einem Großunternehmen / Konzern oftmals mehr Freiheiten erschaffen, wenn man bei schon fortgeschrittener Karriere an seiner inneren Einstellung zu dem Thema arbeitet und sich anschaut, worauf es wirklich ankommt.
Der Worst Case ist dabei dann nach meiner Meinung seine Arbeitszeit und damit Bezahlung zu reduzieren aber den Arbeitsaufwand dagegen nicht
...
Nach meiner Meinung haben im Homeoffice Millionen von Menschen gelernt, dass sie mit 4-6 Stunden am Tag, eine ähnliche Arbeitsleistung erbringen können, wie mit 8+ Stunden im Büro. Das heißt ohne Schaden für das Unternehmen gibt es einen glücklicheren Mitarbeiter.
Deshalb wäre es vielleicht auch eine Möglichkeit, die inneren und äußeren Freiheiten für Dich in dieser Richtung zu optimieren.
Und wenn in Deiner Abteilung immer die Luft brennt, ist eine Arbeitszeitreduzierung in diesem Bereich nach meiner Einschätzung sowieso eine schlechte Idee, weil Du in diesem Umfeld permanent auffällst.
Ein Abteilungs- / Bereichswechsel könnte dann eine gute Idee sein, nachdem Du Dich umgeschaut hast, wie andere Bereiche ticken. (wie viel gelebter zeitlicher und absoluter Arbeitseinsatz, wie viel Anwesenheit und Arbeitseinteilungsmöglichkeiten. (Generell gilt auch hier: Je größer das Unternehmen, desto diverser arbeiten die unterschiedlichen Bereiche).
Schönen Tag
@maschinist
Danke Maschinist für deine Einschätzungen.
Deine Aussagen kann ich alle unterschreiben.
Das Problem ist meines Erachtens dass in vielen Betrieben die Qualität der Arbeit mit der Anzahl Überstunden gemessen wird. Ich kenne so Aussagen wie: wie kann es sein dass ein Projektleiter so wenige Überstunden hat? (Hat mich zum Glück nicht getroffen) Die Effizienz der MA spielt keine Rolle.
Dazu kommt dass das Werk im großen Konzern am Headcount gemessen wird. D.h. Wenn der maximale headcount erreicht ist, kannst du niemand neues einstellen, auch wenn die Hälfte der Belegschaft in Teilzeit arbeitet. Daher haben VG kein Interesse einer Teilzeit zuzustimmen.
In Summe ein sehr schwieriges Umfeld für Teilzeit, insbesondere als FK außerhalb des Tarifs.
Über einen Bereichswechsel habe ich auch schon nachgedacht. Evtl könnte ich in einem Jahr einen Kollegen fragen, der noch weiter aufsteigen will ob er mit mir tauscht. Denn meine Position steht mehr im Fokus und bietet daher mehr Chancen nach oben. Nur so eine Idee.
Schönen Abend!
Windsurfer
@windsurfer mein Tipp suche dir eine Abteilung mit Führungskräften in Teilzeit oder Frauen weiter oben. Bei uns in der Firma gibt es da etwas lockere Sichtweisen bei wenigen Kollegen, viell gibt es das auch bei dir... und auf Dauer ist die Frage, wie glücklich du wirst wenn dein Wunsch u das Angebot wenig zusammenpassen.
@natman
FK in Teilzeit? Ich glaube ich wäre der erste am Standort…
Aber den Tipp kann ich nachvollziehen und in der Sache stimmt das natürlich. Besser in eine Abteilung wechseln in der man Verständnis für die Situation hat.
Es ist umso schwieriger wenn man noch keine vergleichbaren Kollegen in Teilzeit hat. Aber kein Grund es nicht zu probieren!
@windsurfer Beispiele: Projektleiterin arbeitet 60%, weil 2 Kinder u Fahrtweg, hat kleineres Projekt bekommen, andere arbeitet 50% und macht kleinere Aufgaben, Prozess und ist sehr beliebt und kompetent. Ein Kollege arbeitet 75%, weil er Segelflieger ist und ist Entwickler und hat auch Karriere gemacht. Er arbeitet immer Da mehr und hat dafür unter der Woche nen Tag frei fest. Sind jetzt sicher nur Ausnahmen, aber das ist cool finde ich.
Ich arbeite in einem Grosskonzern und habe den Eindruck, dass es wirklich von der Stelle, dem Umfeld und den Aufgaben abhaengig ist. Bei mir selbst hat es waehrend der Elternzeit mit einer 30 h Stelle (75%) nicht wirklich gut geklappt. Das Gehalt war deutlich geringer und viel weniger Arbeit war es nicht. Bloederweise habe ich auch noch 5 Tage Woche mit 6 h gewaehlt, anstatt einen ganzen Tag frei. Letztendlich lief es dann darauf hinaus, dass ich 7-8 h ohne Pause gearbeitet habe, um etwas frueher gehen zu koennen. Daher bin ich auch recht schnell wieder zur Vollzeit zurueckgekehrt.
Aus meinem Umfeld sehe ich jedoch, dass einige Leute sich durchaus mit einer 4 Tage Woche etwas Luft schaffen. Es ist fuer alle deutlich einfacher zu akzeptieren, dass jemand z.B. am Freitag nicht da ist als dass man "nur" 6 h arbeitet.
Da ich leider in einer eher maennerdominierten Domaene arbeite, ist Teilzeit generell nicht so weit verbreitet. Es ist in den letzten Jahren normaler geworden, dass Vaeter auch mal 7 Monate Elternzeit nehmen und mindestens die 2 Monate. Aber noch immer scheint es so, als ob die jungen Maenner bei uns die Hauptverdiener sind und sich laengerfristige Teilzeit beim Hauskredit, geleasten Auto etc. nicht leisten koennen.
Bei uns gibt es auch Modelle, wo man ins Langzeitkonto sparen kann und dann sich das als Sabbatical auszahlen lassen kann. Davon haben auch schon KollegInnen Gebrauch machen koennen. Wenn die Kinder unter 8 Jahre alt sind, kann man auch flexibel Elternzeit nehmen und z.B. mit dem Langzeitkonto kombinieren. Dieses Modell finde ich ganz attraktiv und koennte mir vorstellen, dass in den naechsten Jahren auszuprobieren.
@mina genau aus diesem Grund plane ich gleich von 100 auf 65% zu gehen. 80-90% bei Gen einfach zu wenig von der Arbeitslast Reduktion, 50 und darunter ist erstmal zu wenig Lohn vorhanden
70 Unternehmen und insgesamt mehr als 3.300 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte: In Großbritannien ist diese Woche der weltweit größte Versuch gestartet, die Arbeitswelt mit einer Viertagewoche zu reformieren. Vom Fish-and-Chips-Restaurant bis zur großen Bank ist eine breite Palette an Firmen beteiligt. Ob das Konzept aufgeht, wird eine erste Bilanz nach Auslaufen des Projekts Ende des Jahres zeigen.
https://orf.at/stories/3269896/
Spontan würd ich sagen, dass ich so eine Variante dem klassischen 5-Tage-Modell vorziehen würde. Ein Tag mehr frei macht glaube ich sehr viel aus in Sachen Lebensqualität. Jedenfalls finde ich gut, dass solche Experimente probiert werden.