Investieren für Hausbesitzer

Veröffentlicht am

Investieren in Aktien und ETF für Hausbesitzer Leser Marsupilami hat uns geschrieben:

Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank an die Freiheitsmaschine für diesen tollen Blog. Ich bin leider erst vor kurzem auf diesen Blog gestoßen, sonst hätte ich vielleicht ein paar Dinge in meinem Leben anders gemacht. Ich würde euch gerne meine derzeitige Situation schildern und euch dann nach eurer Meinung fragen, wie ihr Vorgehen würdet um die finanzielle Freiheit möglichst schnell zu erreichen.

Meine derzeitige Situation:

30 Jahre alt, verheiratet, erstes Kind kommt im Frühjahr 2019.
Gemeinsames Einkommen ca. 4,5k Netto, nachdem das Kind da ist erstmal ca. 4k Netto wegen Elterngeld.

Ich habe einen Golf 7 finanziert für 4 Jahre, Vertrag läuft 2019 im November aus und ich werde das Aut0 wieder abgeben (verbrieftes Rückgaberecht). Das war finanziell definitiv ein Fehler, da es mich 300€ Finanzierung im Monat gekostet hat, ich werde mir danach ein gebrauchtes etwas größeres Auto kaufen um die 10k, das Geld dafür habe ich auf der Seite.

Vor einem Jahr haben meine Frau und ich uns eine Nebau-ETW gekauft. Gute Mikrolage und gute Anbindung an Bahn und Autobahn auf halbem Weg zwischen Stuttgart und Heilbronn. Wir hatten das für eine gute Idee gehalten, da die Mieten hier durch die Decke gehen und wir mehr Platz brauchten (wir wollen 2 Kiddies).
Die Gesamtkosten für die ETW lagen bei 400k (mit allen Nebenkosten, Grunderwerbssteuer, Notar, Stellplatz, Küche, etc.)
Davon haben wir 70k aus unserem Gesparten gestemmt, 330k Kredit haben wir bei der Bank aufgenommen. Der Kredit bei der Bank ist gesplittet auf 3 Bausteine – 10 Jahre;50k Kredit; 200€ monatliche Rückzahlung, 20 Jahre; 100k; 400€ monatliche Rückzahlung  und 30 Jahre; 180k; 750€ monatliche Rückzahlung. Gesamte Rückzahlung pro Monat für die ersten 10 Jahre liegt daher bei 1350€. Zinssatz über die Kredite hinwegt liegt bei ca. 2,2%.  Wenn wir die monatliche Rate 30 Jahre lang zahlen (ohne Sondertilgung) kommen wir auf 0 raus. Sondertilgungen sind möglich in einer Höhe von 5000€ beim 10 Jahres Kredit und 9000€ beim 30 Jahres Kredit.

Wenn wir eine identische/ähnliche Wohnung gemietet hätten wären wir bei 1100€ Kaltmiete pro Monat rausgekommen.

Mit nächstem Jahr ist es mein Ziel KEINE fixen monatlichen Kosten zu haben außer den absolut notwendigen (Wohnungsfinanzierung + Nebenkosten, Strom, Internet, Versicherung Auto, Essen/Trinken) da ich die Finanzierung des Autos auflöse.

Die Frage die ich mir jetzt stelle ist wie gehe ich am besten vor?
Soll ich tilgen was geht und schauen, dass ich so schnell es geht schuldenfrei werde (wäre vermutlich realistisch bis Anfang 50). Wenn ja macht es danach überhaupt noch Sinn in ETFs zu investieren? Oder wäre es besser jetzt parallel zum Kredit tilgen in ETFs zu investieren? Für mich fühlt sich das aber eher an wie Börsenspekulation mit Fremdkapital 😉

 

Hier meine Antwort

Hallo Marsupilami,

erst einmal herzlich Willkommen bei den Freiheitskämpfern und Glückwunsch, dass Du Dir mit 30 Jahren schon Gedanken um dieses Thema machst.

Als generelle Richtschnur hilft Dir der Freiheit für Familie Mustermann Beitrag:

Die Einkommen dort sind vergleichbar mit Euren zum derzeitigen Zeitpunkt. Ihr habt nur „etwas mehr Haus“ gekauft.

Bezüglich Immobilienkredit-Tilgungen vs. dem Investieren am Aktienmarkt hast Du richtig erkannt, dass ein ETF Investment langfristig finanziell deutlich profitabler ist.

Wer erst mit Anfang 50 mit der Börse beginnt, hat nicht nur einen großen Teil des möglichen Zinseszinses versäumt sondern auch den Lerneffekt, der ein passives Investment in ETF mit sich bringt. Um mit den Schwankungen umzugehen und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, braucht es etwas Zeit und damit würde ich so früh wie möglich beginnen.

Kommen wir zu Deiner Situation

Durch die EZB Politik ist der Zinssatz für Immobilienkredite im Euroraum weiterhin auf einem Rekordtief. 2.2% durchschnittlicher Zinssatz für Deinen Immobilienkredit ist nahe der Inflationsrate. Das heißt dieser Kredit kostet Dich real ca. 0%, da der Immobilienwert mit der Inflation nominal steigt und Deine reale Kreditsumme mit der Inflation fällt!

Über lange Sicht betrachtet, bringen selbstgenutzte Immobilien in Deutschland (wie auch in den USA) kaum mehr Rendite als den Inflationsausgleich. Natürlich gibt es aktuell Ausnahmen wie München oder wenige andere A-Städte. Aber erstens gibt es genug Gegenbeispiele und ausserdem sind diese Preissteigerungen eine reine „Spekulation“ und somit keine verläßliche Rendite.

Ein passives Börseninvestment in den gesamten Aktienmarkt mit einem ETF bringt dagegen langfristig (und seit ca. 200 Jahren in den USA) bei aktueller Inflation ca. 8,5% Bruttorendite im Jahr. Der Grund ist, dass man damit direkt in werteschaffende Unternehmen investiert. Man wird damit zu einem Kapitalist im System Kapitalismus.

Wenn man regelmäßig neues Geld in den Aktienmarkt investiert, erreicht man diese durchschnittliche Rendite deutlich schneller als das bei einem Einmalinvestment der Fall wäre. Von diesen 8,5% ziehen wir nun aus Vergleichsgründen die Inflation ab sowie die deutsche Kapitalertragssteuer auf die Dividenden. Wir rechnen deshalb hier in der Freiheitsmascheine meistens mit 5% Realrendite nach deutscher Steuer und Inflation und liegen damit auf der sicheren Seite.

Der Unterschied, nun z.B. monatlich wie in Deinem Fall 750 € als Sondertilgung in den Kreditabtrag eurer Wohnung zu stecken oder das Geld in einen passiven und gebührenarmen Welt ETF wie zum Beispiel den Vanguard All World anzusparen, beträgt nach 20 Jahren grob 125.000 €, die Du bei einem ETF Investment real nach Inflation mehr hast.

750 Euro monatlich über zwanzig Jahre

Viele Menschen im deutschsprachigen Raum sagen jetzt, dass ein solches Vorgehen „zu unsicher“ sei und man erst seinen Immobilienkredit komplett tilgen sollte.

Neben dem von Dir richtig erkannten Zeitfenster im Leben eines Menschen, dass sich irgendwann an der Börse zumindest verengt und dem Fakt, dass es z.B. den Beruf des Immobilieninvestors gar nicht gäbe, wenn dieses Vorgehen stur befolgt werden würde, spricht neben der Finanzlogik auch der Punkt „Sicherheit“ für ein Invest in den Aktienmarkt im derzeitigen Zinsumfeld gegenüber einer Sondertilgung, wenn man das Thema wirklich einmal durchspielt.

 

Ja, Sicherheit lieber Leser – Und das Ganze sieht so aus

Du und Deine Partnerin besitzt eine Immobilie im Wert von ca. 360.000 € (400k € minus der Nebenkosten beim Kauf). Darin befinden sich aktuell ca. 30.000 € Eigenkapital von euch. Dein Vermögen ist damit 30.000 € positiv.

Was ist nun euer Worst Case?

–> Du oder Deine Frau werden früh arbeitsunfähig/arbeitslos und der übrig bleibende Partner kann aufgrund der Kinder und anderer Verpflichtungen die monatlichen Raten nicht mehr tragen.

Damit wäre die Tragfähigkeit eures Immobilienkredits in Gefahr und damit der Verbleib von euch in dieser Immobilie.

Frage: Bei welchem Szenario bildest Du mehr Sicherheiten um Dich gegen diesen Worst Case zu wappnen?

 

Machen wir einen A-B Vergleich
A: Investieren in einen passiven Welt Aktien ETF versus. B: Sondertilgung Immobilienkredit

 

A – ETF Invest: Nach fünf Jahren mit monatlich 750 € im Welt ETF per Sparplan liegen dort ca. 50.000 €, plus/minus z.B. 20% durch temporäre Kursschwankungen, an liquidem Kapital für euch zur freien Verfügung.

B – Sondertilgung: Wenn Du die Sparsumme als Sonderzahlungen in euren Immobilienkredit steckst, ist Dein liquide verfügbares Vermögen weiterhin gering. Dafür ist Deine Kreditsumme nach fünf Jahren um ca. 45.000 Euro kleiner.

Was passiert, wenn nun plötzlich euer Arbeitseinkommen aufgrund von Krankheit oder anderem versiegt?

A: ETF Invest: Die ca. 50.000 € sichern in diesem Worst-Case eure laufenden Ratenzahlungen für mehr als drei Jahre ab. Ihr habt dadurch viel Zeit um entweder die Immobilie für einen guten Preis zu verkaufen oder euer Einkommenspotential in der Zwischenzeit wieder aufzubauen.

B – Sondertilgung: Ihr könnt die weiter laufenden Immobilienkreditzahlungen nach kurzer Zeit nicht mehr bedienen. Ihr werdet damit im Extremfall zahlungsunfähig und seid dadurch dem Wohlwollen eures Kreditgebers ausgeliefert. Wenn Ihr keinen Kreditaufschub erhaltet, wird eure Immobilie nach einiger Zeit von der Bank versteigert. Durch den überstürzten Verkauf erhaltet Ihr garantiert nicht den besten Verkaufspreis und ein Teil des von euch in der Immobilie gebildeten Eigenkapitals wird dadurch ausgelöscht. Es gibt zwar Versicherungen, die in diesem Fall die Kreditzahlungen für einige Zeit absichern aber diese sind teuer und Sie machen keinen Sinn, wenn Du Dir selbst eine viel bessere Versicherung bauen kannst –> Eigenes liquides Vermögen in Aktien.

Das ist ein weiteres Beispiel dafür, warum die meisten Versicherungen vollkommen unnötig sind.

 

Das Ergebnis

Der Weg zur finanziellen Freiheit birgt einige unbequeme Wahrheiten.  Und das gilt für mich selbst genauso wie für die Leser.

Eine dieser unbequemen Wahrheiten lautet:

–> Jeder, der im aktuellen Niedrigzinsumfeld und in eurem Lebensabschnitt Sondertilgungen im Vergleich zu passiven Welt ETF Aktieninvestments vornimmt, ist entweder schlecht in Mathe oder er hat das wahre Risiko einer selbstgenutzten Immobilie bisher noch nicht verstanden.

 

Was rät der Maschinist Dir sonst noch?

Mit eurem Einkommen bewegt Ihr euch im Bereich einer deutschen Durchschnittsfamilie.

Das heißt, eine weitere Erhöhung eures Nettoeinkommens hat in diesem Bereich noch einen prozentual hohen Einfluss auf eure mögliche Spar- /Investitionssumme.

Der finanzielle Vorteil einer Erhöhung der monatlichen Spar- und damit Investitionssumme von 750 € auf z.B. 1.250 € beträgt nach 30 Jahren mit passiven Gesamtmarkt ETF ca. 400.000 € (1 Million vs. 600.000).

Um diese zusätzlichen 400.000 € mit der ursprünglichen Sparrate von 750 € aufzubauen, wären ca. neun zusätzliche Jahre an Ansparzeit notwendig. Das heißt diese 500 € zusätzliches Nettoeinkommen im Monat bringen euch knapp eine Dekade an zusätzlicher Freiheit und Unabhängigkeit, wenn Ihr eure Konsumausgaben nicht erhöht, sondern das Geld investiert.

Diese zusätzliche Investitionssumme dagegen mit Einsparungen in euren Lebenshaltungskosten zu erreichen, wird besonders als Familie mit Kindern irgendwann schmerzhaft und erzeugt unterhalb gewisser Grenzen Spannungen innerhalb der Familie.

 

–> Und Deine Familie sollte Dir immer am allerwichtigsten sein

Wenn Du mit 55 Jahren z.B. finanziell frei bist, aber Frau und Kinder Dich hassen, weil Du in Ihren Augen der größte Geizhals bist, hast Du einen schlechten Deal gemacht.

Neben der Notwendigkeit, Deine Partnerin in ein gemeinsames gedankliches Boot zu bringen und damit auf ein gemeinsames Ziel zu steuern, ist der Punkt Optimierung der Lebenshaltungskosten natürlich wichtig und ich rate ganz dringend dazu, alle Ausgaben einmal einige Monate lang zu tracken um zu sehen, wo das Geld hingeht. Alleine dieses Tracken führt dann meistens zu einem großen Aha-Erlebnis und führt dadurch zu einer Optimierung (alles was man misst, „optimiert sich“).

Trotzdem ist dann irgendwann der Punkt erreicht, hinter dem weitere Einsparungen weh tun und die Lebensqualität Deiner Familie leidet.

Bei euren Verdienstmöglichkeiten gibt es dieses schmerzhafte Limit dagegen nicht. Auch wenn manche Mitbürger eine unterbewusste Abneigung gegen erfolgreiche Menschen mit einem hohen Einkommen haben, spielen wir hier in der Freiheitsmaschine dieses Neidspiel nicht mit. Ich applaudiere deshalb jedem hier, der mehr verdient und mehr erreicht hat als ich selbst. Und ich rate allen Lesern hier, sich ein ähnliches Mindset zuzulegen.

Der Grund: Mit dieser Offenheit siehst Du viele zusätzliche Chancen in Deinem Umfeld und Du ziehst damit auch andere erfolgreiche und positive Menschen in Dein Leben. Ihr könnt so voneinander lernen und euer Leben deutlich erfüllter gestalten.

Das Gerücht, dass Menschen die z.B. sechsstellige Gehälter verdienen, grundsätzlich keine Freizeit haben und Ihre Kinder nicht sehen, ist oft eben nur ein Gerücht. Es ist meistens nur eine Selbstberuhigungstaktik von Menschen mit geringerem Einkommen.

 

Leistung ist Arbeit pro Zeit

Und an eine hohe Leistung kann man sich genauso gewöhnen wie daran, den ganzen Tag vor dem Fernseher zu liegen und irgendwann gar nichts mehr auf die Reihe zu bekommen. Die Freiheitsmaschine ist deshalb ein Ort an dem wir uns für das Erreichte beglückwünschen und uns gegenseitig wieder aufbauen, wenn etwas mal nicht läuft.

Ich wünsche Dir und Deiner Partnerin viel Erfolg auf eurem gemeinsamen Weg und wir freuen uns natürlich alle über ein Update.

 

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